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Erfolg mit Lustverfolg


Speedfolk-Sextett "Les Yeux de la Tête" bot tolle Mucke

14.07.2011 (jnl)
"A la folie" (Auf die Verrücktheit) ist das Motto der jungen französischen Speedfolk-Band "Les Yeux d'la Tête". Am Mittwoch (13. Juli) brachten die sechs Gewinner des Wettbewerbs "France Ô Folies" die brechend volle Waggonhalle zum Kochen.
Tanzen war angesagt. Man konnte Tanzen und Spaß haben an einer eher spontanen als routinierten Bühnenshow. Das Publikum ging dankbar und volle Lotte mit, sobald die Band ihre Up-tempo-Songs vorlegte. Rund ein Viertel der Stücke waren eher ruhigere Chansons.
Die Musiker gaben ohne Weiteres zu, kein Deutsch zu können und Englisch auch nicht besonders gut. Die Gegenprobe, die sie per Handzeichen aus dem Publikum bekamen, war genauso eindeutig: Kaum jemand konnte Französisch.
Aber das machte irgendwie gar nichts. Mit beträchtlichem Charme aus Körpersprache und Musik gewannen die sechs Mittzwanziger aus Paris die Herzen.
Ihre Texte mochten von Malheurs und vom Glück Haben handeln, von Liebe, Humor und Abenteuern auf Auslandstourneen. Kaum einer verstand die Texte, aber die Energie kam "rüber".
Besonders die beiden Frontleute Benoit Savard und Eddy Lopez - beide Gitarristen und Leadsänger - zeigten enormes Talent. Sowohl als Komiker als auch im Musikalischen warfen sie sich die "Bälle" zu. Auch ein bisschen Rivalität war da zu spüren.
Der dritte in der vorderen Reihe, den sie Etienne nannten, gab mit seinem Klarinetten- und Altsaxophon-Kadenzen dem Ganzen musikalischen "Pfeffer" in die Zubereitung. Sein Spiel hatte allerdings kaum irgendwelche Anklänge an Jazz, sondern war ganz auf Tanzbarkeit ausgerichtet.
Der Akkordeonist Antoine Alliese rechts vorne hingegen übernahm durchgehend eine eher untermalende Funktion für den Band-Sound. Seinem überaus ruhigen Charakter entsprach es offenbar nicht, sich auch einmal in den Vordergrund zu spielen.
Ähnliches galt für die Rhythmus-Sektion aus Kontrabassist Gaël Petrina und Schlagwerker Pierre Chatel. Diese beiden Musiker sorgten mit solidem Können für die in die Beine gehende Tanzbarkeit des Ganzen.
Die Bandbreite des Sounds ging von gitarrenbetonten Hotclub-Swing-Rhythmen über Ska-nahen Speedfolk bis hin zu Ausflügen ins Nouveau Chanson, Hip Hop und Flamenco-Rock. Langweilig war diese Fusion-Musik nie.
Überraschenderweise gab es praktisch keine bekannten Cover-Versionen. Allerdings kann man die Usancen der französischen Musikszene aus Deutschland heraus nur schwer genau kennen und einschätzen. Wirkliche Ohrwürmer aus eigener Komposition fielen allerdings auch nicht auf.
Im Moment ist diese sehr junge Band "nur" ein hinreißender Tanz-Livemusik-Act. Bereits 2010 hatten die Franzosen - laut ihrer MySpace-Website - rund 20 Auftritte in Deutschland und 50 in den frankophonen Ländern Frankreich und Belgien. Auf einigen Festivals gewannen sie Auszeichnungen.
Ihr zweiter Auftritt in Marburg wird nach diesem tollen Konzert nicht ihr letzter sein. Das wurde von Seiten der Veranstalter schon angedeutet.
Lustig war allerdings, dass diese kraftstrotzenden "Jungspunde" gegen Ende ihrer 90 Minuten Bühnenpräsenz konditionelle Schwächen zeigten. Zwei Zugaben erkämpfte sich das begeisterte, dankbare Publikum von den ausgepowerten Musikern.
Sie verwiesen auf ihr mitgebrachtes Debüt-Album "Danser sur les Toits" aus dem Jahr 2008. Trotz Ankündigungen ist das neue Album anscheinend noch nicht herausgekommen. Man darf gespannt sein.
Jürgen Neitzel
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