02.07.2011 (fjh)
Bis ins hinterste Nest ist die sogenannte "Globalisierung" bereits vorgedrungen. Nun unterwandert sie auch die Sprache der Menschen und nimmt ihnen damit ihre Tradition.
Sprache ist lebendig. Schon immer hat Sprache sich im Laufe der Zeit gewandelt. Lehnwörter aus dem Lateinischen, Griechischen, Italienischen und Französischen haben neben englischen Wörtern längst massenhaft Einzug in die deutsche Sprache gefunden.
Auch hat es in der Vergangenheit schon Zeiten gegeben, wo eine ganz bestimmte Fremdsprache als "modern" und "chic" galt. Es gab sogar preußische Monarchen, die besser Französisch sprachen als Deutsch.
Dennoch ist der derzeitige Denglisch-Hype ein Anschlag auf das - in jahrelanger Einübung entwickelte - Sprachempfinden und die gleichberechtigte Kommunikation der Menschen mit anderer Muttersprache. Schließlich hat lange nicht jeder Englisch gelernt in der Schule, zumal wenn er im Osten Europas aufgewachsen ist.
Aber auch Menschen, die gut Englisch sprechen, beschleicht manchmal ein Grausen ob der furchtbaren Aussprache der Möchtegern-Anglisten oder angesichts der merkwürdigen Wortschöpfungen, die da neuerdings kursieren. "Handy" ist so eine typische deutsche Erfindung, die es allerdings zwischenzeitlich schon bis in den Wortschatz mancher Amerikaner geschafft hat.
In einem Ladenlokal oberhalb der Unterführung am Rudolphsplatz kommt man mit "einfachem" Deutsch nicht mehr weit. Auch in der altehrwürdigen
Philipps-Universität wird mitunter eher Englisch geradebrecht als Deutsch gesprochen. Ohne Not nennen sich Einrichtungen mit englischen Namen, damit sie auch von mitelhessischen Dorfdeppen als "up to date" wahrgenommen werden.
"Die Mode ist so schrecklich, dass sie jedes halbe Jahr durch eine andere ersetzt werden muss." So charakterisierte der britische Dichter Oscar Wilde seinerzeit allerdings nicht das Denglisch-Fieber der Deutschen. Doch passt sein bissiger Ausspruch auch hier.
Einen Vorteil hat diese provinzielle Selbstdarstellungs-Mode freilich: Über das Lübke-Englisch mancher Möchtegern-Weltmänner kann der sprachgewandte Zeitgenosse gelegentlich herzlich lachen.
Ausnahmsweise nicht vom einstigen Bundespräsidenten Dr. Heinrich Lübke stammt die Übersetzung der körperlichen Abwehrreaktion, die man auf gut Deutsch aber genauso bekommen kann beim "English for Runnaways", wie der Komiker Otto Waalkes "Englisch für Fortgeschrittene" übersetzte. Manchmal kann man dann nur mit schmerzverzerrtem Gesicht ausrufen: "There comes me yes the cold coffee from today tomorrow high!"
Franz-Josef Hanke
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