30.04.2011 (fjh)
"Man hat mich als die Heilige Johanna der Sozialkassen beschimpft", berichtete Prof. Dr. Ursula Engelen-Kefer. "Nachdem ich aber die Heilige Johanna der Schlachthöfe von Bert Brecht gesehen habe, bin ich stolz auf diese Bezeichnung."
Zur Vormaifeier der DGB-Senioren Marburg-Biedenkopf besuchte die ehemalige Vize-Vorsitzende des
Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) die
Universitätsstadt Marburg. Vor ihrer Rede auf der traditionellen Vormaifeier der DGB-Senioren, die dieses Jahr erstmals in der
Waggonhalle stattfinden musste, stattete sie am Samstag (30. April) im Rathaus aber zunächst dem Oberbürgermeister einen Besuch ab.
Egon Vaupel freute sich, die engagierte Gewerkschafterin in seiner Stadt zu begrüßen. Augenfälliger Anlass für ihr Kommen war das Gedenken an die langjährige Marburger DGB-Kreisvorsitzende Käte Dinnebier gewesen, die am 8. August 2010 gestorben war.
Ihr zu Ehren hat der DGB Marburg-Biedenkopf seinen Veranstaltungsraum im Gewerkschaftshaus an der Bahnhofstraße in "Käte-Dinnebier-Saal" umbenannt. Im Beisein von Kätes Enkelin Laura und Tochter Kirsten Dinnebier erinnerte Engelen-Kefer bei einer kurzen Feierstunde an die Marburger Gewerkschafterin.
Dinnebier sei nicht nur ihre langjährige Weggefährtin gewesen, sondern vor allem auch ein Vorbild. In der Männergewerkschaft habe es nur wenige Frauen in Führungspositionen gegeben, erinnerte sich Engelen-Kefer.
So sei Käte ein Orientierungspunkt gewesen, da sie sich nicht nur für die klassischen gewerkschaftlichen Ziele eingesetzt habe, sondern auch für die Rechte von Frauen.
Ihre Arbeit habe sie aber nie ausgrenzend betrieben, sondern immer im einschließenden Verständnis menschlicher und sozialer Solidarität. So habe sich Dinnebier im Laufe der Jahre auch den Respekt vieler Männer erworben.
Diesen Respekt bekundete der Marburger DGB-Kreisvorsitzende Pit Metz. Als junger Gewerkschafter habe er Dinnebier kennengelernt. Für ihn gehöre sie zur Gewerkschaft dazu wie der 1. Mai.
Dabei sei Dinnebier durchaus widerborstig gewesen, erklärte er. Doch habe sie immer für klare politische Ziele gestanden.
Diese Authentizität hatte zuvor im Rathaus auch Oberbürgermeister Vaupel gefordert. Das mangelnde Interesse vieler Menschen an Politik und auch an gewerkschaftlicher Arbeit führte er auch darauf zurück, dass viele Akteure ihre Meinung beliebig änderten und deswegen kein Vorbild darstellten.
Dieser Einschätzung stimmte auch Engelen-Kefer zu. Beide betrachteten Dinnebier als einen Menschen mit Fehlern und Schwächen, der aber gerade im gewerkschaftlichen Kampf immer viel Stärke bewiesen habe.
Auch bei der Verleihung des Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte am Dienstag (19. April) sei die Verstorbene präsent gewesen, erinnerte sich Vaupel. Ebenso war es am Samstagmittag bei der Feierstunde im "Käte-Dinnebier-Saal" des DGB.
Mit dem Lied "Brot und Rosen" stimmte Jochen Schäfer noch einmal das US-amerikanische Kampflied für gleiche Entlohnung von Frauen an, das sicherlich eines von Dinnebiers Lieblingsliedern war. Dadurch wie auch durch die Erinnerungen der Anwesenden und ein großes Foto der Namensgeberin war sie auch hier wieder mit dabei.
Zum Abschluss der kleinen Gedenkstunde wünschte Engelen-Kefer dem DGB und seinem Versammlungsraum eine gute und erfolgreiche Zukunft. Gerade dafür hat sich Käte Dinnebier schließlich ein Leben lang engagiert eingesetzt.
Franz-Josef Hanke
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