16.04.2011 (fjh)
Auch nach mehrjährigen Warnungen vor unwissenschaftlichen Rankings, fehlerhaften Prüfungsordnungen und falschen Versprechungen der
Philipps-Universität und der
Stadt Marburg werden Studienanfänger nach Marburg gelockt. Dazu hat der
Allgemeine Studierenden-Ausschuss (AStA) am Freitag (15. April) recht deutlich Stellung bezogen.
"Mit der Auswahl eines Studienfachs legen sich Studieninteressierte auf Grundlage von falschen oder unvollständigen Informationen auf einen Hochschulstandort fest", erklärt der AStA. Ob diese Informationen durch die multimediale Präsenz von Hochschulrankings oder durch die PR-Abteilungen der Universitäten propagiert wurden, scheine dabei egal zu sein.
Die finanziellen und sozialen Belange rücken bei der Immatrikulation in den Hintergrund. Die hohe Quote der Studienabbrecher führt der AStA auch hierauf zurück.
"Egal, was ihr glaubt, warum es sich lohnen könnte, in Marburg zu studieren, tut es nicht", warnte AStA-Sozialreferentin Petra Thesing. "Euer Schlafplatz wird euch die letzten Nerven und jeden Cent rauben."
Das Bundes-Ausbildungsförderungsgesetz (BaFöG) sieht eine monatliche Mietpauschale von 224 Euro vor. Gegenüber der Vorjahresregelung ist das eine satte Erhöhung von SECHS Euro.
Die Zimmerpreise in Marburg liegen höher. Doch da haben die Betroffenen Pech gehabt.
Höhere Ausgaben sind bei der Bundesförderung nicht vorgesehen. Die Marburger Mietpreise schwanken empirischen Studien zufolge zwischen 9 Euro und 15 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter.
Seit Jahren wird ein Mietspiegel für Marburg verhindert oder als unwichtig erachtet. Die Sozialerhebung des Studentenwerks hat 2009 ergeben, dass Studierende durchschnittlich 279 Euro für das Wohnen bezahlen müssen.
Dresden und Chemnitz sind – anders als Marburg – die einzigen von 54 Universitätsstädten, wo Studierende mit der Mietpauschale hinkommen. Vielleicht sollte der AStA Marburg lieber ein Studium in diesen Städten empfehlen?!
In Marburg könnten Studierende auch ins Umland ziehen. Wohnen könnten sie auch in Stadtteilen wie Bauerbach. Dass dort vor 9 und nach 20 Uhr keine Busse mehr fahren, werde das Studium wohl kaum beeinträchtigen.
Die Abhängigkeit von Eltern finanziertem Leben in der Marburger Appartement-Landschaft für weit über 300 Euro scheint nur für Teile der gequälten Studierenden eine tragfähige Lösung zu sein. Auch der Ankauf einer Eigentumswohnung ab 77.000 Euro dürfte dann ja kein Problem sein. Schließlich werden wegen der zu erwartenden hohen Gewinne in Marburg gerne solche Wohnungen gebaut.
"Ihr wollt aber lieber in eine WG?" Dann wünscht der AStA "viel Spaß!"
Die Studentenvertretung rät hier: "Verkauft euch bei Castings so gut wie möglich! Besteht Verhöre, Gesinnungsprüfungen, Mutproben und Saufspiele!"
In der Regel hat jeder Bewerber um einen Platz in einer Wohngemeinschaft etwa 30 Konkurrenten. Das jedenfalls schätzt der AStA Marburg nach eigenen Erfahrungen seiner Aktiven.
"Ihr kommt aus einem der Doppeljahrgänge?" Darin sieht der AStA kein Problem: denn "zu Studienanfang bietet die Uni gemütliche Turnhallen-Schlafplätze an. Da kommt es auf eine mehr oder weniger auch nicht an!
Beim Zelten an der Lahn haben die Camper dann auch direkten Wasserzugang.
"Auch, wenn ihr Euer BAFöG gerne schnell und komplett haben möchtet, seid ihr in Marburg falsch", warnt der AStA-Sozialreferent Marcel Hennes. "In Hessen sind die Studierendenwerke vom Land sowieso besonders unterfinanziert."
Die BAFöG-Beratung durch das Studentenwerk Marburg stelle einen traurigen Negativ-Rekord auf: "Die vom wohl schlechtesten BAFöG-Amt der Republik empfohlenen Kfw-Studienkredite führen zu einem Leben in Schulden. Die Aussicht, mit einer meherere zehntausend Euro schweren Kreditlast ins weitere Leben zu starten oder direkt nach dem Bachelor der Existenzgrundlage beraubt zu werden, ist genau das Signal, welches die Studienanfängerinnen aus den Bildungspaketen der Bundes- und Landespolitik im Gedächtnis behalten werden!"
pm: AStA Marburg
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