29.03.2011 (fjh)
"Es gibt viele Geschichten, warum man sein Zuhause verlassen muss." Mit dieser Feststellung erklärte Adriana Kocijann, warum sie aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland gekommen ist. Ihre beiden männlichen Mitspieler Saad Thamir und Bassim Hawar kommen aus einem arabischen Land.
Meist untermalten der Fiedler und der Perkussionist die Aussagen ihrer Mitspielerin musikalisch. Mitunter trat der Trommler aber auch in einen Dialog mit ihr ein.
"Die Treppe zum Garten" ist nicht nur der Titel eines Stücks des Theaters Marabu in Bonn, sondern auch ein Stück Erinnerung der Schauspielerin. In ihrer Heimat ist sie diese Treppe hinabgegangen, um mit ihrer Freundin zu spielen. In Deutschland traut sie sich nicht, weil die Kinder hier ihre Sprache nicht verstehen.
Geradezu spielerisch erzählte Regisseur Claus Overkamp Geschichten vom fremd Sein, vom Ankommen und von der Erinnerung an die Heimat. "Zuhause ist, wo mir die Tür aufgemacht wird", sagte Adriana.
In ihrer Heimat gab es einen Krieg. Hals über Kopf musste sie ihr Zuhause und ihre Freundin verlassen.
Saad hat es in seinem Herkunftsland ebenfalls nicht ausgehalten. Dort habe man ihn nicht verstanden, erklärte er.
Mit kleinen Märchen und Geschichten unterfüttern die Protagonisten ihre Geschichte. Sie erzählten von einem König, der keine Musik duldet, oder von einem kleinen Kamel, das seine Freunde bei einem Sandsturm in der Wüste verloren hat.
Saad fühlt sich genauso wie der Junge, der sein Heimatdorf verlassen hatte, um Schreiben und Lesen zu lernen. Als er zurückkehrt, stellt der Scheich ihn auf die Probe, ob er nun genauso viel oder gar noch mehr weiß als er selbst.
Das einfühlsame Plädoyer für mehr Mitmenschlichkeit drückte die Theatergruppe beispielsweise mit dem Lied "Armes Häschen" kindgerecht aus. Die beiden Musiker stimmten das junge Publikum auch sonst sehr gekonnt auf die fremde Kultur ein.
Lediglich die Kennzeichnung des Stücks für Kinder ab acht Jahre scheint ein wenig schief zu liegen. Sobald Kinder lesen und schreiben können, wird ihnen dieses nette Stück keinerlei große Verständnisprobleme mehr bereiten.
Mit ihrer "Treppe zum Garten" zeigten die Bonner eine nette Umsetzung der Migrationsthematik. Für Kinder ist sie sowohl lehrreich umgesetzt als auch durchaus unterhaltsam und witzig. Der erhobene Zeigefinger hatte dabei eher die Form eines Geigenbogens oder einer Trommel.
Franz-Josef Hanke
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