25.03.2011 (jnl)
Alljährlich Ende März schiebt sich eine frenetisch lärmende Kolonne von Treckern und Lastkraftwagen durch die Marburger Innenstadt. Am Freitag (25. März) gegen 15 Uhr war es mal wieder soweit.
Frisch gebackene Abiturienten karikierten mit lautstarkem Kreischen und Lautsprecher-Gewummer - aber erkennbar ohne visuelle Kreativität - die seit dem Todestunnel verrufene Loveparade. Die Abi-Klassen begehen auf diese Weise ihren Passage-Ritus am Abschluss der nervigen Abitur-Klausuren.
Die Freude über die überstandene Angst und Anstrengung gönnt man ihnen gern. Schule ist ein Lebensabschnitt, der meist wenig Freiheit und Entfaltungsspielräume bietet. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Doch drängt sich beim Anblick dieser gymnasialen Abgangsjahrgänge der Eindruck auf, dass die - auf den Ladeflächen gedrängt stehenden - 18-jährigen Jugendlichen für diesen Tag keinerlei konstruktive, phantasievolle Pläne gemacht haben. Außer einem - je nach Schule kollektiv identischem - Erinnerungs-Tshirt und der relativen Gewissheit, diesen Tag betrunken zu beenden, ist da nichts. Die Wagen, auf denen sie hordenweise durch den Feierabendverkehr des Wochenendauftakts kutschiert werden, haben überwiegend keine Transparente mit Grafiken oder witzigen Anspielungen.
Vor jahren war das noch etwas anders. Was ist nur mit denen los?, fragt man sich als älterer Beobachter am Straßenrand. Waren "wir" in dem Alter etwa auch so? Nein, es gab solche, aber mehrheitlich waren "wir" als Alterskohorte so nicht. Wie ideenlos diese nachgewachsene Jugend von heute anscheinend ist, das frappiert.
Eine Jahrgangsstufe der Zukunft , die mehr Mumm hätte, würde diese schlechte Loveparade-Parodie beiseitefegen. Stattdessen würde sie lieber in rotzfrecher Verkleidung als Fußgruppe durch die Stadt ziehen und Schabernack treiben.
Suff wäre in keiner Weise Zweck und Endzustand der Übung, sondern am Ende stünde unumnebelter Spaß am Über-die-Stränge-schlagen und am Jux. Aber das ist wohl Utopie.
Jürgen Neitzel
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