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Zuwachs an Authentizität


Stadt will Alte Friedhofskappelle rekonstruieren

24.03.2011 (fjh)
Bei Renovierungsarbeiten der sogenannten "Alten Friedhofskapelle" an der Ockershäuser Allee, bei denen unter anderem eine Erneuerung des Wandanstrichs durchgeführt werden sollte, wurde im Herbst 2010 festgestellt, dass die ursprüngliche Wandbemalung sich in den Bereich oberhalb der abgehängten Decke erstreckt. In diesem Zusammenhang stellte sich dann die Frage, ob ein Rückbau der Zwischendecke und eine Öffnung des Dachstuhls erfolgen sollte.
Nach Auffassung der Verantwortlichen bei der Stadt Marburg sollte die ursprüngliche - zurückhaltend neugotische - Gestaltung mit offenen Dachstuhl nach englischem Vorbild rekonstruiert werden, da die Friedhofskapelle trotz ihres Anbaus aus den 50er Jahren nach wie vor im Wesentlichen ein neugotisches Erscheinungsbild hat. Die Decke mit einem Trapez-Querschnitt dürfte aufgrund der unterschiedlich geneigten Deckenflächen akustisch unproblematisch sein.
Mit der Öffnung des ursprünglichen Dachstuhls wird auch im Innenraum das kreisrunde Giebelfenster wieder sichtbar werden. Mit farbigem Glas soll es entsprechend den Chorfenstern gestaltet und hinterleuchtet werden.
Seit 2005 ist die Universitätsstadt Marburg für die bauliche Unterhaltung der Friedhofskapelle verantwortlich. In Marburg gilt das - im Rahmen des Kurhessischen Gewohnheitsrechts am 17. März 1931 von den beiden evangelischen Kirchengemeinden Lutherische Kirchengemeinde und reformierte Kirchengemeinde beschlossene - Regulativ (Friedhofsordnung) für die unter kirchlicher Aufsicht und Verwaltung stehenden Friedhöfe bis heute fort.
Ein am 17. April 1964 geschlossener Vertrag zwischen dem Gesamtverband der evangelischen Kirchengemeinden in Marburg und der Stadt Marburg wurde nicht verlängert. Darin hatten der Gesamtverband und die Stadt die Einrichtung eines paritätisch besetzten Friedhofsausschusses beschlossen, der die Aufgaben der Aufsicht und Verwaltung über die Friedhöfe im Wesentlichen übernehmen sollte.
Abweichend vom Regulativ von 1931 hat die Stadt Marburg im Laufe der Zeit Aufsichts- und Verwaltungsfunktionen für die Friedhöfe übernommen. Zur Ausübung eines einheitlichen Aufsichts- und Verwaltungsrechts wurde 2005 vereinbart, die dem Gesamtverband der evangelischen Kirchengemeinden verbliebenen Rechte und Pflichten über die Aufsicht und Verwaltung der Friedhöfe an der Ockershäuser Allee, am Kaffweg und im Stadtteil Ockershausen an die Stadt Marburg zu übertragen.
Mit dieser Vereinbarung hat die Stadt die - bis dahin vom Gesamtverband der evangelischen Kirchengemeinden getragene - bauliche Unterhaltung und die Bewirtschaftung des gottesdienstlichen Raums in der Friedhofskapelle an der Ockershäuser Allee übernommen. Die mit der Rekonstruktion der Decke verbundenen zusätzlichen Kosten betragen schätzungsweise 60.000 Euro.
"Die Gesamtrenovierung soll im Herbst 2011 abgeschlossen werden", kündigte Bürgermeister Dr. Franz Kahle am Donnerstag (24. März) an.
Die sogenannte "Alte Friedhofskapelle" wurde 1893 im Auftrag des Stadtbauamtes Marburg errichtet. Der Bau besaß zurückhaltend neugotische Formen mit einem offenen Dachstuhl nach englischem Vorbild, in den eine Tonne in eckiger Sargdeckelform eingebaut war.
Wände und Decke der Kapelle wurden damals von dem Kirchenmaler Nikolaus Dauber (1870 bis 1962) gestaltet. Er war ein jüngerer Bruder des bekannten Marburger Architekten August Dauber.
Wegen des Kriegs und fehlenden Mitteln wurden notwendige Renovierungsarbeiten in der Kapelle lange aufgeschoben. 1958/59 wurden diese Arbeiten dann endlich ausgeführt.
Im Kirchenschiff wurde die bisherige Sargdeckeltonne mit damals modernen Akustikplatten flach gebogen verkleidet. Zudem wurde im Norden ein Anbau mit Empore errichtet, dessen Decke ebenfalls mit Akustikplatten verkleidet wurde.
Der Entwurf für diese Erweiterungs- und Umbauarbeiten stammt von dem Marburger Architekten Karl Rumpf. Nach Durchsicht aller zugänglichen Quellen in Marburg durch das Institut für Bauforschung und Dokumentation )IBD) lässt sich mit ausreichender Sicherheit kein Einzelgrund für den Einbau der Zwischendecke nachvollziehen. Vermutlich waren es die Gestaltung der Decke im Anbau und die ästhetischen Vorstellungen der damaligen Zeit, die den Ausschlag dafür gaben, die Zwischendecke einzubauen.
pm: Stadt Marburg
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