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Verwegenheit macht Strafe


Urteil im Prozess um Autobahn-Blockade

02.05.2008 (nur)
"Die Referendare werden immer mehr", stellte Richter Dr. Carsten Paul mit Blick in Richtung Staatsanwaltschaft fest. Tatsächlich waren am Freitag (2. Mai) beim letzten Prozesstag zur Autobahn-Blockade auch die Zuschauerreihen im Schwurgerichtssaal überfüllt.
Wie bereits bei den beiden vorhergehenden Verhandlungen im Berufungsverfahren, wurde auch dieses Mal wieder vor dem Landgericht Marburg gemeinsam gefrühstückt. "Wir wollen einen Freispruch - und zwar sofort!", forderten die Kommilitonen von Lena Behrendes, Max Fuhrmann und Philipp Ramezani auf einem Transparent.
Auf einen Freispruch hatten auch die drei Angeklagten bis zuletzt gehofft. Aus diesem Grund waren sie vor Gericht einheitlich in grünen Oberteilen erschienen.
Am Ende kam es aber anders: Zunächst wurde der Einsatzleiter vom 11. Mai 2006 erneut in den Zeugenstand gerufen. Die Aussage des Polizisten brachte jedoch wenig Neues.
Aus diesem Grund lehnte Richter Paul auch weitere Beweisanträge der Verteidigung ab.
Behrendes' Anwältin Waltraut Verleih hatte unter anderem beantragt, den Landtagsabgeordneten Dr. Thomas Spies (SPD) zur Entlastung ihrer Mandantin anzuhören. Spies soll gemeinsam mit der Angeklagten vor zwei Jahren die Autobahn blockiert haben.
Nach etlichen Beratungen der Berufungskammer forderte der Vorsitzende Paul die drei Verteidiger auf, ihre Schlussplädoyers zu halten.
Darin warf Verleih der Staatsanwaltschaft vor, im Hinblick auf den langwierigen Prozess "ihre Hausaufgaben nicht gemacht zu haben".
Dagegen verglich ihr Kollege Markus Künzel die Autobahn-Blockade mit einem herkömmlichen Auto-Unfall: "Demonstrationen sind grundsätzlich mit Verkehrsbehinderungen verbunden." Dennoch erkannte der Anwalt von Ramezani, dass eine Versammlung "kein strafrechtsfreier Raum" sei.
Fuhrmanns Rechtsbeistand Ulrich von Klinggräff wollte in dem Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 27. August 2007 gar die "Handschrift von Hamburgs Innensenator Ronald Schill" herausgelesen haben.
Einig war sich die Verteidigung in ihrem Antrag: Alle drei Anwälte forderten einen Freispruch ihrer Mandanten und eine vollständige Übernahme der Prozesskosten durch die Staatskasse.
Von diesem Antrag ließ sich Staatsanwalt Dr. Kurt Sippel jedoch nicht beeindrucken. "Nach diesen Ausführungen könnte man meinen, man wäre in einem anderen Prozess gewesen", erwiderte er. Sippel plädierte wegen gemeinschaftlicher Nötigung in einer Vielzahl von Fällen auf dieselbe Geldstrafe, die er bereits im Verfahren Erster Instanz gefordert hatte.
Am Ende verurteilte die Berufungskammer Behrendes und Fuhrmann zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 13 Euro. Dem Angeklagten Ramezani dagegen wurden seine einschlägigen Vorstrafen zum Verhängnis: Er bekam 70 Tagessätze à 13 Euro auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden zu zwei Dritteln der Staatskasse in Rechnung gestellt. Damit folgte die Kammer letztendlich der Ansicht Sippels: "Behinderungen sind hinzunehmen, Gefährdungen nicht."
Dennoch machte der Vorsitzende Paul den drei Angeklagten Hoffnung: "Es gibt ja noch mehr Gerichte."
Nora Reim
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