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Verflixter Despotismus


Inszenierung integrierte Puppenspiel in Mythentheater

02.03.2011 (jnl)
Seit der Intendantur von Matthias Faltz traut sich das Hessische Landestheater Marburg häufiger an Explorationen in Neuland. Diesmal war es die Integration von menschengroßen Puppen in ein Theaterstück. Auf der großen Bühne am Schwanhof gab es am Dienstag (1. März) "Prometheus - die Titanenschlacht" nach Franz Fühmann in einer Bühnenfassung von Annette Straube.
Fernab der Gegenwart erzählt das Stück von den Mythen des Weltursprungs, wie ihn sich die Griechen der Antike vorstellten. Zu Beginn herrschen die riesenhaften Titanen mit dem tyrannischen Kronos an ihrer Spitze.
Dessen Sohn Zeus besiegt ihn in einem Umsturz und setzt ein neues Herrschergeschlecht durch, das sich "die Götter" nennt. Da auch er zur Despotie neigt, erschafft der listige Prometheus am Ende das neue, sterbliche Geschlecht der Menschen.
Regisseur Hans-Jochen Menzel von der Ernst-Busch-Hochschule in Berlin gehört zu den führenden Puppenspielern Deutschlands. Seine Inszenierung verquickte sechs menschliche Schauspieler mit drei Puppenspiel-Studentinnen und ihren menschengroßen Puppen.
Verblüffend lebendig wirkte es, wenn die von allen dreien gleichzeitig geführte Puppe "Erdenmutter Gaia" als Hauptfigur agierte und sprechend der Vernunft das Wort redete. Nebenbei wurde die antike Götterkomödie fortwährend zu einer Selbstreflexion theatralischer Illusion erweitert.
Von den sechs Ensemblemitgliedern stach Sebastian Muskalla in der Hauptrolle des kreativen Ermöglichers Prometheus heraus. Daniel Sempf schlüpfte mit Perücke und Lippenstift in die Rolle der eifersüchtigen Zeus-Gattin Hera und setzte damit wuchtige komödiantische Akzente.
Thomas Streibig in der Rolle des Titanen-Despoten Kronos gab einen engstirnigen Polterer und Wüterich gegen die eigene Mutter. Der alerte Sven Mattke als Zeus beanspruchte Unterwürfigkeit seiner Mitgötter, ohne diese Autorität überzeugend durchsetzen zu können. Irritierend war, dass mitten im turbulenten Bühnengeschehen mehrfach der Schauspielername "Mattke" fiel.
Auch die Puppenführerinnen Ulrike Langenbein, Sabine Mittelhammer und Julia Struwe übernahmen einige Götter-Rollen. Sie fügten sich glänzend in die handlungsstarke und schauspielerzentrierte Komödien-Inszenierung ein.
Die rund 100-minütige Aufführung, die ohne Pause auskam, war boulevardesk und humoristisch angelegt und recht kurzweilig. Dass dennoch nicht mehr als 50 Besucher den Weg in diese Theater-Überraschung gefunden hatten, mag an der übergroßen Ferne des Mythen-Stoffes zur Gegenwart und Lebenswirklichkeit der Menschen liegen.
Obwohl es sich angeboten hätte, gab es keinerlei Anspielungen auf das aktuelle Geschehen in der arabischen Welt. Doch die gewählte Form der leichten Komödie über das Basisthema "Machtspielchen" könnte gerade auch junge Zuschauer reizen.
Jürgen Neitzel
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