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Stabile Verhältnisse


Unterdrückung in Ägypten bleibt

06.02.2011 (fjh)
"Stabile Verhältnisse" nennen die meisten europäischen Politiker als Grund für ihr Nichtstun. Um ein "Chaos" zu vermeiden, stellen sie sich bislang nicht eindeutig auf die Seite des ägyptischen Volkes. Das angeblich drohende "Chaos" beschwört auch Staatspräsident Hosni Mubarak, der deswegen nicht vor Ablauf seiner Amtszeit im September zurücktreten möchte.
Millionen Menschen hingegen fordern den sofortigen Rücktritt des 82-jährigen Potentaten. Sie riskieren sogar ihr Leben, um demokratische Verhältnisse in ihrem Heimatland zu erreichen.
30 Jahre lang hat Mubarak das Land regiert. 30 Jahre lang herrscht dort der Ausnahmezustand.
Westliche Regierungen hat das die ganzen Jahre hindurch nichtgestört. Für sie war Mubarak vielmehr Garant des Friedens mit Israel.
Zudem rechtfertigte er seine diktatorische Willkürherrschaft damit, dass er islamistische Tendenzen verhindern müsse. Die Muslim-Bruderschaft unterdrückte der ägyptische Polizeiapparat mit eiserner Hand.
Dabei scheint diese Gruppierung ungefähr vergleichbar zu sein mit christlichen Parteien in Europa. Von Gewalt hat sie sich trotz der Verfolgung bereits 1982 losgesagt.
Aber Muslime sind europäischen und nordamerikanischen Regierungen offenbar nicht geheuer. Bei ihnen schrillen gleich die Alarmglocken und sie denken an den Terror von Al-Qaida.
Dergleichen zu verhindern, scheint ihnen fast jedes Mittel recht. Obgleich sie anderswo in der weiten Welt gerne mehr Demokratie einfordern, haben sie gegenüber magrebinischen Potentaten wie Mubarak oder Benali tunlichst die Schnauze gehalten. Diese "Freunde" waren halt Garanten "stabiler Verhältnisse".
Dabei sind "stabile Verhältnisse" schon per se ein antagonistischer Gegensatz von wahrer Demokratie. Wesensmerkmale demokratischer Verhältnisse sind die Begrenzung der Macht auf Zeit und die gegenseitige Kontrolle der unterschiedlichen Staatsorgane.
Stabilität hingeen bedeutet möglichst wenig Wechsel. Je größer sie wird, umso undemokratischer ist das jeweilige System.Folgt man dieser Argumentation, dann haben sich westliche Politiker mit ihrer Forderung nach Stabilität also zugleich gegen Demokratie entschieden. Ihre Beteuerungen, sie setzten sich überall auf der Welt für Demokratie ein, sind folgich nur Lippenbekenntnisse.
Deutlich wird das auch daran, dass in der deutschen Innenpolitik die bürgerlichen Freiheitsrechte seit Jahren schäubchenweise der "Inneren Sicherheit" geopfert werden. Vorratsdatenspeicherung und das verdachtsunabhängige automatische Ablesen von Autokennzeichen belegen das.Gerade diese Freiheitsrechte sind jedoch unabdingbare Bedingung für demokratisches Engagement. Echte Demokratie lebt vom ständigen Wandel und der regelmäßigen Änderung der Mehrheitsverhältnisse.
Stabilität hingegen bekundet den Wunsch vieler Politiker, ihre Macht möglichst lange zu behalten. Das Volk sollte sich überlegen, den Verfechtern "stabiler Verhältnisse" diese Macht möglichst schnell wieder wegzunehmen. Demokratie ist schließlich nicht die Herrschaft auf Dauer, sondern nur die Ausübung von Macht auf begrenzte Zeit.
Wenn die Politiker sich nicht selbst beschränken, dann müssen die Wähler auf diese Beschränktheit reagieren und ihre Macht sehr schnell beschränken. Sonst enden möglicherweise auch deutsche "Demokraten" ähnlich wie ihr langjähriger Busenfreund Hosni.
Franz-Josef Hanke
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