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Lauter Saubermänner


Linke zur Veruntreuung im Rathaus

25.01.2011 (fjh)
Zum Jahresende 2010 wurde ein Fall von Veruntreuung in der Stadtverwaltung aufgedeckt. Dazu hat sich die Marburger Linke (ML) am Montag (24. Januar) geäußert.
Ein städtischer Beamter hatte in die Kasse gegriffen und mindestens 650.000 Euro - vielleicht sogar eineinhalb Millionen - veruntreut. Er ist suspendiert und wird vor Gericht gestellt. Nun wird untersucht, wie es möglich war, dass er zirka zehn Jahre lang seine Unterschlagungen begehen konnte.
Traditionell beendet die Stadtverordnetenversammlung (StVV) im Januar vor einer Kommunalwahl ihre Tätigkeit und trifft sich im Februar und März nicht mehr. Nach Ansicht der Marburger Linken wäre es besser, diesmal davon abzuweichen.
"Fragen der Opposition, die in Zusammenhang mit dem Unterschlagungsfall in den nächsten Wochen nicht aufhören werden, sollten auch im Februar und März in der Stadtverordnetenversammlung gestellt und beantwortet werden können", forderte der Linken-Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Georg Fülberth. Der Magistrat müsste ebenfalls ein Interesse daran haben, dass er seine Erkenntnisse der gewählten Vertretung der Bürgerinnen und Bürger mitteilt. Das sei allemal besser, als wenn er in dieser Angelegenheit einen ständigen Pressekrieg mit der Opposition führen muss.
"Die bürgerlichen Parteien in der Stadtverordnetenversammlung spielen jetzt besonders lautstark den Saubermann und die Sauberfrau", fuhr Fülberth fort. "Sie müssen ein bisschen aufpassen: Die Unterschlagung hat nicht erst unter dem Oberbürgermeister Vaupel (SPD) begonnen, sondern schon unter seinem Vorgänger Möller (CDU). Dieser Hinweis ist auch dann angebracht, falls – wie zunächst zu vermuten – keinem dieser beiden ein persönlicher Vorwurf gemacht werden kann."
Wenn jetzt darüber geklagt werde, das Vier-Augen-Prinzip bei der Prüfung von Zahlungen sei verletzt worden, dann sei zu prüfen, ob nicht die Sparwut in der öffentlichen Verwaltung eine Ursache sein könnte. Die Stadt Marburg sei geizig mit Personal. Da werde manches vielleicht nicht gründlich genug gemacht.
"Wenn bei der Anwendung des Vier-Augen-Prinzips auch einmal ein Auge zugedrückt werden muss - ein überforderter Aufpasser hat eben auch noch Anderes zu tun - wird Marburg nebenbei auf einem anderen Feld Spitze", beklagte Fülberth. "Bei einer Unterschlagungssumme!"
650.000 Euro oder eineinhalb Millionen seien "viel Holz", konstatierte Fülberth. "Kriminalität muss verfolgt werden. Aber - wie schon Bert Brecht fragte – Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“
Die CDU und insbesondere die FDP seien die Parteien der erklärten Steuervermeider. Leider hätten SPD und Grüne, als sie an der Regierung waren, ihnen nachgeeifert.
"Alle senken sie seit Jahrzehnten die Steuern für die Reichen und sparen bei den Armen", beklagt die Linke. "Hätten wir heute noch die Steuersätze von 1998, dann hätte bundesweit die Öffentliche Hand jährlich 30 bis 50 Milliarden Euro mehr."
In Marburg haben alle Parteien außer der Marburger Linken die Gewerbesteuer von 400 Punkten auf 370 gesenkt. Allein im Jahr 2010 habe die Stadt dadurch
etwa fünf Millionen verloren. Das sei weit mehr, als ein noch so fleißiger Langfinger in zehn Jahren auf die Seite schaffen könne.
2010 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Einstellung eines Sozialplaners, die Zuwendung von 50.000 Euro an die Ortsbeiräte und das zweite kostenfreie Kindergartenjahr. Der Kämmerer drücke sich jedoch um die Verwirklichung.
Das geschehe nicht, weil jemand in die Kasse gegriffen hat, sondern weil angeblich ohnedies nicht genug drin sei. Das falle auf den Kämmerer und seine Gewerbesteuer-Politik zurück.
"Auf einen Straftäter, der in die Kasse greift, gibt es tausende gewählte Ehrenmänner und -damen, die unsere Gesellschaft durch eine fehlgeleitete Politik um noch viel höhere Beträge schädigen", schimpfte Fülberth. "Steuersenkungen für die Reichen, Billiglöhne, Rentenkürzungen, Hartz-IV-Almosen und der Afghanistan-Krieg sind nur einige Beispiele."
pm: Fraktion Marburger Linke in der StVV
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