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Freude mit Freunden


Über Beziehungen per Mausklick.

10.01.2011 (gac)
"Es gibt nur ein Problem, das schwieriger ist als Freunde zu gewinnen: Sie wieder loszuwerden!" Zugegebenermaßen hat Mark Twain ja viele schlaue Dinge gesagt. Aber diesen Satz sollte man definitiv über Bord werfen. Genau so wie die Freunde: nur ein Klick und sie sind weg.
Gut, ein bisschen plagt einen das schlechte Gewissen ja schon, wenn Lisa, Benjamin, Sarah und Co. einen von ihrem "Profilpic" vorwurfsvoll angucken und mit fetten Buchstaben ein "Wir werden Dich vermissen!" auf dem Bildschirm erscheint. Aber da muss man eben hart bleiben. Da hilft auch das weinende Männchen nicht, das der ganzen Aktion eine noch dramatischere Note verleiht.
Verspürt man auf der einen Seite die Erleichterung, so schleicht sich meist noch vor dem Herunterfahren des Rechners ein mulmiges Gefühl ein. Ob das wirklich eine gute Idee war? Immerhin ist es schon ein Schritt, sich mit einem Mausklick von mehreren hundert Freunden loszusagen!
Doch was ist ein Freund? In allen Internet-Netzwerken kann jedem "User" eine "Freundschaftseinladung" geschickt werden. Klickt er auf "Bestätigen", ist er im selben Augenblick um einen Freund reicher.
Doch darf diese Verbindung überhaupt den Namen "Freundschaft" tragen? Sind die Menschen, mit denen man auf der letzten Party geplaudert hat, über fünf Ecken irgendwie verwandt ist oder alte Bekannte des Ex-Partners wirkliche Freunde genau so wie jene Menschen, die einem über Jahre hinweg loyal zur Seite stehen und mit denen man gemeinsam die Aufgaben des Lebens meistert?
Nein, vermutlich eher nicht! Trotzdem tragen sie alle die selbe Bezeichnung und werden in einem großen "Freunde"-Portal miteinander vermischt. Ist das gerecht?
Mit 95% unserer "Freunde" im Internet haben wir keinen regelmäßigen Kontakt. Im Gegenteil: Oftmals erfordert es von eine denksportartige Höchstleistung, sich zu erinnern, wessen Profilbild einen gerade anlacht.
Trotzdem sitzt die ständige Angst im Nacken, man könnte wohlmöglich etwas verpassen. Jemand könnte etwas Brisantes "posten", ein originelles Fotoalbum erstellen oder einfach irgendwann im Leben nochmal nützlich sein.
Schon allein deswegen ist man ja mit ihm „befreundet“. Außerdem ist es viel praktischer, Geburtstagsgrüße in Netzwerken zu verschicken als eine e-Mail oder SMS zu schreiben oder wohlmöglich sogar anzurufen.
Geht man doch den Schritt der Schritte und drückt schweren Herzens mit der Maus auf "meinen Account löschen", sei es, weil man sich von den Medien hat einschüchtern lassen, weil einem wohlmöglich wichtige Daten geklaut werden könnten, der neue Chef die peinlichen Partyfotos vom letzten Spanien-Urlaub möglichst niemals zu Gesicht bekommen soll oder weil man es schlicht und ergreifend satt war, dem täglichen Drang zu erliegen, sich die Belanglosigkeiten aus dem Leben der anderen auf seiner Startseite durchzulesen, wird man feststellen, dass es sich durchaus gut auch ohne seine "Freunde" leben lässt. Die wirklich wichtigen Menschen sind ja schließlich auch so noch da und wunderbar auch auf anderen Kommunikationswegen zu erreichen!
Die allerdings wieder loszuwerden, dürfte schon etwas schwieriger werden. Vielleicht hatte Twain ja doch nicht so ganz Unrecht. Aber zu seiner Zeit gab es ja auch weder "StudiVZ" noch "facebook".
Giulia Coda
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