18.11.2010 (gac)
Viele Informationen hatten die zahlreichen Besucher des 4. Marburger Stadtforums am Mittwoch (17. November) im Stadtverordneten-Sitzungssaal zu verarbeiten. Doch konnten alle bereits erahnen, dass große gestalterische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen auf die Stadt zukommen.
Die- teilweise zunächst nur vorläufigen- Ideen und Vorschläge der Vortragenden sorgten dabei für viele Fragen und heftigen Diskussionsstoff. Baudirektor Jürgen Rausch, Michael Seidel von der Firma CIMA Beratung+Management sowie Joachim Tenkhoff von der Firma Tenkhoff Properties für die Projektierung von Einzelhandelscentern bezogen Stellung zur Stadt- und Einzelhandelsentwicklung zwischen dem Rudolphsplatz und der Gutenbergstraße.
"Mir ist es wichtig, unsere Planungsüberlegungen so früh wie möglich offenzulegen, damit die Bürger gezielt informiert und somit in die Gestaltung unserer Stadt miteingebunden werden können", betonte Oberbürgermeister Egon Vaupel zu Beginn der Veranstaltung. "Und darüber, dass der Bereich zwischen Rudolphsplatz und Gutenbergstraße weiterentwickelt werden muss, sind wir uns doch alle einig."
Bereits sehr früh stellte sich heraus, dass der Vorsatz des Oberbürgermeisters nur schwer einzuhalten war. Er hatte angekündigt, dass die Veranstaltung nicht länger als zwei Stunden dauern werde. Zu viele Ideen, Bilder und Vorschläge erregten die Gemüter der gespannten Zuhörer.
Baudirektor Rausch hob zunächst den allgemeinen Wunsch hervor, den Rudolphsplatz als räumliches Scharnier und öffentliches Zentrum der Stadt attraktiver zu gestalten. Eine bessere Anbindung zur Lahn, der Denkmalschutz, verbesserte Nutzungsmöglichkeiten für Verkehrsteilnehmer, die Aufwertung des Stadtbilds wie auch die notwendige Sanierung der Weidenhäuser Brücke sollen in die bevorstehenden Baumaßnahmen integriert werden.
Doch schon bei der Frage, ob eine Verlagerung der Stadtbücherei in diesen Bereich sinnvoll ist, gibt es Zweifel. Auch bei der Regelung des Verkehrs ist man sich noch uneinig.
Besonders schwer hatte es Tenkhoff. Mit seinem Projekt einer Verschmelzung einer neuen Einzelhandelslandschaft mit der juristischen Fakultät im alten Allianz-Gebäude stieß er auf schwere Kritik bei den anwesenden Einzelhändlern und Geschäftsleuten.
So erweckte die Vorstellung von einem neuen dreistöckigen Einkaufscenter Besorgnis um die Attraktivität der Oberstadt als Geschäftsstandort kleinerer Läden. Auch beim Ausbau der Parkmöglichkeiten gingen die Meinungen weit auseinander.
Seidels Firma CIMA war damit beauftragt worden, die Notwendigkeit eines Einkaufscenters als ergänzendes Element für die innerstädtische Entwicklung zu untersuchen. Doch auch sein Beitrag konnte die Besucher nicht umstimmen. Seidel bestätigte, dass ein zusätzliches Einkaufscenter die Attraktivität der Stadt als Einkaufsstandort deutlich erhöhe. Damit könne man die Kaufkraft halten, die sonst regelmäßig an die deutlich besser ausgebauten Standorte Gießen und Wetzlar verloren gehe.
"Eine gemeinsame Entwicklung der Projekte ist wünschenswert und positiv", betonte Seidel. "Wir wollen eine gezielte Ergänzung des Bestandes und eine Integration in bestehende Strukturen. Wir wollen auf jeden Fall ein Monopol in der Innenstadt vermeiden und die Menschen trotzdem dazu anregen, weiter die Oberstadt zu besuchen und dort einzukaufen."
Trotz der Versicherung Vaupels, die
Stadt Marburg werde keine neuen Gebäudekomplexe errichten lassen und nur vorhandene Platzkapazitäten besser ausschöpfen und dabei in keinem Fall über 12.000 Quadratmeter Verkaufsfläche hinausgehen, blieben die Zuhörer skeptisch. Ein Vater machte sich Gedanken um die möglichen Gefahren einer Großbaustelle in der Nähe der Otto-Ubbelohde-Schule, während ein anderer Diskutant die nicht berücksichtigte demographische Entwicklung der Gesellschaft einbrachte. Die laut gewordenen Vorwürfe an CIMA, seine Untersuchungsergebnisse im Sinne von Tenkhoff auszulegen, wies Vaupel scharf zurück.
Mit schließlich 45 Minuten oberhalb der angestrebten Zeit schloss die Veranstaltung mit vielen Fragen, Ideen und Anregungen. Sie sollen in den kommenden Monaten weiterentwickelt werden, um das größtmögliche Potential der Stadt auszuschöpfen und sie damit noch ein bisschen schöner zu machen.
Giulia Coda
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