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Zahnmedizin als Glücksbringer


DGZ zeichnete Marburger Forscher aus

13.11.2010 (fjh)
Mit dem DGZ-Wrigley-Prophylaxe-Preis 2010 wurden der Marburger Zahnmediziner Prof. Dr. Klaus Pieper und die Psychologin Dr. Jutta Margraf-Stiksrud mit ihrer Arbeitsgruppe am Samstag (13. November) ausgezeichnet. Dieser Preis wird von der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) verliehen.
Der Direktor der Abteilung Kinderzahnheilkunde im Medizinischen Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Philipps-Universität forschte im Rahmen eines Projekts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) über die "Evaluation eines zahnmedizinischen Präventionsprogramms für Kinder mit erhöhtem Karies-Risiko – Ergebnisse bei Schülern der 6. Klassen". Die Preisverleihung fand im Rahmen der Gemeinschaftstagung der wissenschaftlichen zahnmedizinischen Fachgesellschaften in Frankfurt statt.
Wie schon im Vorjahr teilte die unabhängige Jury aus vier renommierten Wissenschaftlern und einem Vertreter der Krankenkassen die Prämie von 10.000 Euro auch 2010 unter drei Anwärtern auf. Neben der Autorengruppe aus Marburg gingen zwei weitere Preise zu je 3.000 und 2.000 Euro an Zahnmediziner aus Greifswald und Wilhelmshaven, die sich ebenfalls mit speziellen Prophylaxe-Programmen für Karies-Risikogruppen in Schulen und Kindergärten beschäftigt hatten.
"Insbesondere bei Schulkindern, die aus sozialen Brennpunkten stammen, tritt verstärkter Kariesbefall auf", erklärte der Preisträger. "Deshalb ist es wichtig, Intensivprophylaxe-Programme für Kinder und Jugendliche aus diesen Bereichen zu entwickeln."
Dazu biete sich vor allem die Gruppenprophylaxe in Kindergärten und Schulen an. "Der Aufforderung des Gesetzgebers, für Gruppen mit erhöhtem Karies-Risiko eine spezielle präventive Betreuung einzuführen, kamen bisher aber nur sehr wenige Präventionsanbieter nach, sodass eine Selektive Intensivprophylaxe (SIP), mit der Defizite im familiären Umfeld kompensiert werden können, bisher nur in wenigen Gebieten realisiert wurde", berichtete Pieper.
Im Landkreis Marburg-Biedenkopf, der im Fokus von Piepers Studie stand, wird seit mehr als einem Jahrzehnt ein entsprechendes Programm in Schulen angeboten. Die SIP umfasst neben den üblichen schulzahnärztlichen Untersuchungen zweimal jährlich die Vorstellung zahnbezogener Themen im Unterricht, das gemeinsame Zähneputzen nach der "KAI-Methode" unter Berücksichtigung der Kauflächen, Außenseiten und Innenseiten der Zähne mit Anleitung im Klassenverband viermal pro Jahr und ebenso häufig die Applikation eines speziellen Fluoridlacks, den Piepers Vorgänger Prof. Dr. Helmut F.M. Schmidt entwickelt hat.
Im Vergleich zu einer Kontrollregion, in der keine Intensivprophylaxe stattfindet, wiesen die Schüler mit einer SIP-Betreuung nur halb so viele kariöse Schäden auf wie die Kinder in der Kontrollregion ohne SIP. "Die Jugendlichen im Landkreis Marburg-Biedenkopf berichten zudem von weniger Angst vor der Zahnbehandlung"“ ergänzte Pieper die Ergebnisse seiner Studie.
Zwischen beiden Gruppen gab es keinen Unterschied im Zahngesundheitswissen und im Mundhygiene-Verhalten. Kenntnisse über die Gesundheit von Zähnen zeigten in keiner der beiden Gruppen einen Zusammenhang mit der Karies-Erfahrung.
"Zwar wirkt sich die SIP ausgesprochen positiv auf die Zahngesundheit aus, doch können die pädagogischen Module anscheinend nicht dazu beitragen, Mundhygiene-Verhalten und Gesundheitswissen erkennbar zu verändern", erläuterte der Zahnmediziner. "Somit ist der Effekt des Programms auf die Zahngesundheit wohl in erster Linie auf die häufigen Anwendungen des schützenden Fluoridlacks zurückzuführen."
Deshalb forderte er: "Eine Selektive Intensivprophylaxe für Kinder mit erhöhtem Karies-Risiko ist zwingend durch eine Lokalfluoridierung im Setting Schule zu ergänzen. Gleichzeitig reichen in der Schule angebotene Maßnahmen offensichtlich allein nicht aus, um eine nachhaltige Wissens- und Verhaltensänderung in den Familien zu bewirken. Deshalb sollten Familien in sozial schwierigen Lagen zusätzlich aufsuchend betreut werden."
Der DGZ-Wrigley-Prophylaxe-Preis mit einer Prämie von 10.000 Euro wird jährlich unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung ausgeschrieben und von dem 1989 gegründeten Informations- und Forschungsprogramm "Wrigley Oral Healthcare Program" der Wrigley GmbH gestiftet. Der Preis würdigt herausragende Arbeiten zur Forschung und Umsetzung der Prophylaxe in der Praxis oder im öffentlichen Gesundheitswesen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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