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Alltagsstruktur angesagt


Sozial beeinträchtigte Menschen erhalten Unterstützung

08.11.2010 (mhe)
Das Projekt "Raus ins Leben - durch sinnvolle Beschäftigung“ (RIL) der Stadt Marburg gibt es seit dem Jahr 2007. Geboten wird dabei jedoch nicht nur Rückenwind im übertragenen Sinne.
Ziel des Projekts ist vielmehr die Einbeziehung in die Gesellschaft durch eine für die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer individuell sinnvolle Beschäftigung. Dabei können im Idealfall Brücken in das Erwerbsleben entstehen.
Darüber hinaus strebt das Projekt auch an, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Tages möglicherweise wieder ein Leben unabhängig von Sozialhilfe führen können. Gesetzliche Grundlage des Unterstützungsangebots ist der Paragraph 11 "Beratung, Unterstützung und Aktivierung" des Sozialgesetzbuchs XII (SGB XII). Angelegt sind seine Maßnahmen für Menschen mit unterschiedlichsten Erkrankungen und Einschränkungen.
Die Altersstruktur reicht von etwa 20 bis 70 Jahre. Der Anteil der Personen zwischen 30 und 50 Jahre ist dabei am größten.
"Die Rückkehr in die Erwerbstätigkeit ist nicht das vorrangige Ziel des Projektes“, betonte Oberbürgermeister Egon Vaupel. Die Beschäftigung sei mehr eine Art Nebenprodukt, das sich ergeben kann, aber nicht unbedingt muss.
Primäres Ziel des Projektes sei die Teilnahme der Betroffenen an gesellschaftlichen Prozessen. Eng damit verbunden sei darüber hinaus die Verhinderung und Beseitigung von Isolation und Einsamkeit.
Erreichen möchte man das durch eine sinnvolle - auf sie persönlich abgestimmte - Tätigkeit. Außerdem wird großer Wert darauf gelegt, dass die Nutzerinnen und Nutzer als Menschen mit Einschränkungen vollwertig akzeptiert und in alle sie betreffenden Entscheidungsprozesse einbezogen sind.
"Auch das versteht die Universitätsstadt Marburg unter einer kooperativen Demokratie“, ergänzte Vaupel. Die Marburger Bemühungen seien aber nicht an erfolgsquoten orientiert.
Das habe zur Folge, dass es keine Selektion der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in schnell- oder schwer vermittelbare Personen gibt. Alle zum SGB XII zählenden Leistungsberechtigten können an dem Projekt teilhaben.
Auch ist eine passgenaue Vermittlung in Tätigkeiten inbegriffen. Unterstützung erhalten die Ratsuchenden außerdem bei der Weiterleitung zu Beratungsstellen, bei einer Kontaktaufnahme mit dem Kreisjobcenter (KJC) oder zu einer Einrichtung für unterstützte Beschäftigung. Ebenso sei bei Bedarf die Vermittlung und Begleitung zu Fachleuten der Gesundheitsführsorge vorgesehen.
Wegen der engen Zusammenarbeit zwischen der Projektleitung, der Sachbearbeitung sowie dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)seien somit Hilfen aus einer Hand gewährleistet. So werde nicht nur Beratung und Hilfe in sozialen Fragen angeboten, sondern auch in Bezug auf direkte Fragen hinsichtlich des Leistungsbezugs.
Zudem wird versucht, die oftmals vielen verschiedenen Akteure in einer kooperativen Weise zu koordinieren und Hilfsangebote zu vernetzen. Das habe Synergie-Effekte zur Folge, die allen am Beratungsprozess Beteiligten zu Gute kommt.
Projektleiterin Heike Klewinghaus konnte viele Marburger Vereine und Unternehmen gewinnen, sich auf das soziale Experiment einzulassen und einem Menschen mit Einschränkungen beim Start in ein neues Leben zu helfen. Dabei sei in den persönlichen Gesprächen mit zumeist kleinen und mittelständischen Unternehmen zu spüren, dass in erster Linie nicht die Wohltätigkeit im Vordergrund ihrer Haltung steht, sondern vielmehr der Gedanke, eine zukunftsfähige Gesellschaft erhalten zu wollen. Die positiven Rückmeldungen der Betriebe sowie die persönlichen Erfolge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten, dass mit dem Projekt ein richtiger Weg beschritten wurde.
Eine zeitliche Beschränkung der Teilnahme gibt es nicht. Das sei insbesondere für psychisch erkrankte Menschen ein wichtiger Faktor.
Nicht selten sind sie über einen langen Zeitraum ohne Beschwerden, haben dann aber plötzlich einen Rückfall. Um die Motivation aufrecht zu erhalten, gibt es deshalb die Möglichkeit, nach einer Pause jederzeit wieder in die Maßnahme einzusteigen.
Gerade der Abbau der Leistungs-Hürde trage mit dazu bei, dass die Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer wieder Schritte in die Alltags- und Arbeitswelt wagen. So lernten sie wieder, Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.
Des weiteren hätten die Erfahrungen auch deutlich gemacht, dass die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Hinblick auf ihre gewonnene Sicherheit ihre allgemeine Leistungsfähigkeit stetig erweitern. Die Teilnehmenden selbst bestimmen dabei den Zeitpunkt, ob und wann sie wieder in die Erwerbstätigkeit zurück möchten.
Sobald ein Gesundheitsgutachten bestätigt, dass eine Arbeitsaufnahme unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes möglich ist, können die Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer wechseln. In der Regel bleiben sie bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, bei denen sie während des Projektes tätig waren.
Der Fachdienst Soziale Leistungen der Stadt bietet bereits seit mehr als 20 Jahren Beratung und Unterstützung in persönlichen Lebenslagen für Menschen, die von dort Leistungen empfangen. Da schnell ersichtlich wurde, dass insbesondere erwerbsgeminderte Menschen einem hohen Risiko ausgesetzt sind, zu vereinsamen, wurde das Angebot "Raus ins Leben - durch sinnvolle Beschäftigung“ genannt.
Konzipiert wurde es von Klewinghaus. Sie passt das Projekt kontinuierlich den Bedürfnissen und Entwicklungen an.
pm: Stadt Marburg
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