31.10.2010 (fjh)
"Britten und Co." War das Motto eines Konzerts des
Marburger Bachchors am Samstag (30. Oktober) in der gut besetzten
Elisabethkirche. Unter der musikalischen Leitung von Nicolo Sokoli präsentierten die Sängerinnen und Sänger sowie Organist Dan Zerfaß Chor- und Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts.
Die Bestuhlung der gotischen Kathedrale hatte man umgekehrt, sodass das Publikum zum Haupteingang hin schaute. Dort bezog der Chor unterhalb der Empore mit der Orgel Stellung.
Mit "Jubilate Deo" von Benjamin Britten begann das Konzert zunächst noch ein wenig unausgereift. Die sehr hohen Töne klangen zu schrill. Die Orgelbegleitung dröhnte zu laut über die Stimmen hinweg.
Doch bereits Anton Bruckner brachte den Chor im zweiten Stück des Abends voll zur Geltung. Sein Lob "Tota pulchra es Maria" galt genauso für den Gesang des Chors.
Den ersten Höhepunkt des Abends bildete allerdings Britens Gesangsstück "A Hymn to the Virgin". Vier Choristen hatten sich im Rücken der Zuschauer vor dem Altar postiert, während der übrige Chor am anderen Ende der Kirche stand. Nun warfen die Singenden sich regelrecht die klanglichen Bälle zu, indem sie in auf- und abschwellendem Gesang die Töne einander übergaben.
Nach diesem Hochgenuss und dem - ebenfalls gelungenen - Gesangsstück "Os Justi" von Bruckner übernahm die Orgel. Robert Schumanns "Fuge über den Mamen B-A-C-H" erklang leider aber so laut, als zöge Zerfaß alle Register, um die gotische Kirche in ihren Grundmauern erzittern zu lassen.
Wesentlich einfühlsamer intonierte er anschließend die "Fountain Reverie Festival Toccata" von Percy E. Fletcher. Hier bediente er sich allerdings auch der vielfältigen elektronischen Möglichkeiten, die die fahrbare Orgel bietet.
Mit "Ave verum corpus" von Edward Elgar, dem "Geistlichen Lied" von Johannes Brahms, Josef Gabriel Rheinbergers "Abendlied" und "Verleih uns Frieden!" von Felix Mendelssohn Bartholdy folgte eine ganze Serie gelungener Interpretationen. Hier waren Intonation und Koordination der verschiedenen Stimmen perfekt.
Diesen guten Gesamteindruck trübte zum Schluss allerdings noch "Rejoice in the Lord alway" von Andrew Carter. Dieses – teils an ein Gospel erinnernde – Stück ertönte in den Höhen wieder ein wenig zu schrill.
Ein weiterer Mangel des Chors ist sein geringer Respekt vor den Texten der interpretierten Werke. Andere Chöre sind wesentlich deutlicher zu verstehen.
Insgesamt aber war das – mit Zugabe gut eineinhalbstündige - Konzert ein Genuss für die Ohren und für die Seele. Die zwischenzeitlich oft eher besinnliche Stimmung wich zum Ende der heiteren Aufmunterung Carters, dessen Stück die "Freude" ja schon in seinem Titel trägt. Eine Freude war das Konzert des Marburger Bachchors allemal.
Franz-Josef Hanke
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