25.10.2010 (mhe)
An der Gewaltpolitik des Nationalsozialismus (NS) war das Auswärtige Amt (AA) seit 1933 beteiligt. Nach 1945 hat man alles dafür getan, um die schwere NS-Belastung des Amtes sowie die vieler seiner Diplomaten zu vertuschen.
Das sind die Ergebnisse der unabhängigen Historiker-Kommission, die seit dem Jahr 2005 die Vergangenheit des Außenministeriums erforscht. Koordiniert wurde die Untersuchung vom marburger Zeithistoriker Prof. Dr. Eckart Conze. Am Donnerstag (28. Oktober) wird die Studie in Berlin offiziell an Außenminister Guido Westerwelle übergeben.
Conze zeigte sich nicht nur erschrocken über das Ausmaß, mit dem die diplomatische Elite und der Nationalsozialismus kooperierten. Er zeigte sich auch entsetzt über die Reibungslosigkeit, mit der das Amt nach 1933 funktionierte.
Wie die Kommission festgestellt hat, wirkte das Auswärtige Amt aktiv an der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden mit. In diesem Sinne sei das Ministerium eine verbrecherische Organisation gewesen.
Nach 1945 habe es eine erhebliche personelle Kontinuität gegeben. Für Conze ist es bestürzend, wie deutsche Diplomaten nach Kriegsende im Bewusstsein ihrer Schuld versuchten, sich vor Gericht politisch und publizistisch durch die Konstruktion von Geschichtslegenden rein zu waschen.
Die Unabhängige Historiker-Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Auswärtigen Amts in der Zeit des Nationalsozialismus sowie in der Bundesrepublik wurde im Jahr 2005 vom damaligen Außenminister Josef Fischer berufen. Neben Conze gehören ihr eine Reihe weiterer renommierter Historiker an. Zu ihnen zählen beispielsweise Norbert Frei aus Jena, Peter Hayes aus den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sowie Moshe Zimmermann aus Israel.
Die Forschungsarbeiten der Studie liefen an der
Philipps-Universität zusammen. Das Werk ist mittlerweile als Buch erschienen. Der Titel der 900-seitigen Arbeit lautet "Das Amt und die Vergangenheit - deutsche Diplomaten im Dritten Reich und der Bundesrepublik“. Die früheren Außenminister Joschka Fischer und Frank-Walter Steinmeier werden der Öffentlichkeit das Buch vorstellen.
Conze gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass ein wissenschaftlich und politisch so bedeutsames Forschungsprojekt an der Marburger Universität angesiedelt worden ist. "Das ist auch ein Grund zur Freude für die Philipps-Universität insgesamt“, betonte der Historiker.
pm: Philipps-Universität Marburg
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