30.07.2010 (phg)
"Der Bär auf dem Försterball" vergnügte sich am Donnerstag (29. Juli) in der
Waggonhalle. Die Inszenierung unter dem neuen Label "Musiktheater Protzfuchs" feierte dort am Nachmittag Premiere.
Hauptdarsteller waren Pruniella Fuchs in der Rolle eines weisen Baums und Michael Protzen, der die Eigenschaften des Bären und anderer Charaktere auf musikalische Weise darstellte. Dabei setzte er fast ausschließlich von ihm selbstgebaute Blasinstrumente in unterschiedlichen Größen ein.
In mehrfachem Sinne bilden die beiden Schauspieler das Gerüst des Musik-Labels, dessen Bezeichnung sich aus ihren Nachnahmen zusammensetzt. Es ist eine Untergruppe des
Theaters Gegenstand.
Am Anfang des Stücks sieht der Zuschauer, wie ein Baum in gemächlichem Tempo seine Wurzeln aus dem Erdreich Zieht. Nach diesem Vorgang nimmt der nun entwurzelte Baum seine Rolle als Erzähler auf. Er hat die Aufgabe, die Zuschauer - insbesondere Kinder - mit seinen Informationen in die Geschichte hineinzuziehen.
Auf diese Weise erfährt der noch unwissende Zuschauer, dass sich ein Bär als Förster verkleidet hat, um zum Försterball zu gehen. Danach animiert der Baum das Publikum, den Bären zu rufen.
Nach dem Ruf "Bär! Komm her! Komm her, du Bär!" erscheint der Gerufene schließlich auf der Bühne. Dann erklärt er sein Vorhaben.
In dieser Situation fungiert der Baum als Dolmetscher. Er übersetzt die Laute des Bären für das Publikum in die deutsche Sprache.
Der Bär verschafft sich Gehör mit Hilfe eines tiefen Blasinstruments, das sich ungefähr wie eine Tuba anhört. Nach einer gewissen Zeit verschwindetc er, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Der Baum zeigt sich über die Wendung der Dinge etwas besorgt. Deshalb beschließt er , sich ebenfalls zum Försterball zu begeben. Somit bleibt der Zuschauer in unmittelbarer Nähe des Geschehens.
Der Plan des Bären scheint aufzugehen. Auf dem Weg zum Försterball begegnet er dem Förster Fesch, der ihm sofort seinen Respekt bekundet. Er hält den Bären für den Oberförster.
Gemeinsam setzen sie ihren Weg zum Försterball fort. Dort sind bereits die anderen Förster, die ausgelassen feiern und sich unaufhörlich zuprosten. Als sie die Neuankömmlinge erblicken, bekunden sie dem Bären ebenfalls ihren grenzenlosen Respekt. Sie akzeptieren ihn bedingungslos als Oberförster.
Der Bär indessen bekräftigt seine gewonnene Stellung damit, dass er jeden Anwesenden mit einem Schlag auf die Schulter zu Boden befördert. Danach stimmt der frischgebackene Oberförster eine Melodie an. Die anderen Förster singen dazu und torkeln im Takt wahllos umher.
Nach dem Lied bläst der Oberförster zur Bärenjagd. Zu ihrem Verdruss können die Förster jedoch keinen Bären finden.
Der Baum verrät den unterbelichteten Förstern, dass der gesuchte Bär unter ihnen sei. Er habe sich als Förster verkleidet.
Es folgt eine Reihe unsinniger Verdächtigungen. Wieder muss der Baum eingreifen. So rettet er dem Förster Schüchtern das Leben, da er von den anderen Förstern verdächtigt wird.
Das Stück war mit bescheidenen Mitteln interessant gestaltet. Schließlichwar die von Peter Hacks geschriebene Geschichte ursprünglich kein Theaterstück.
Auch gab sich die Theatergruppe viel Mühe, die Handlung kleineren Kindern begreiflich zu machen. Zum Beispiel wurde der Name der Schenke "Zum tanzenden Bären" mit einem Krug so wie mit Bildern von Bären verdeutlicht.
Im Versuch, allen Kindern die Geschichte verständlich zu machen, ist an einigen Stellen bedauerlicherweise aber Schwung aus der Handlung genommen worden. Zudem haben die Verdeutlichungen der Ereignisse zur Überdehnung einiger Handlungsabschnitte geführt.
Es stellt sich die Frage, ob die Kinder nicht auch mit weniger Verdeutlichungen das Stück hätten mitverfolgen können. Andererseits ragte die schauspielerische Leistung von Fuchs heraus. Es gelang ihr gut, dem Zuschauer die Weisheit des offensichtlich uralten Baums glaubwürdig zu vermitteln.
ihre Stimme klang wie die einer typischen Mutter des Waldes, deren Weißheit aus den Erfahrungen vieler Lebensjahre entstanden ist. Allerdings war sie selbst für die Überdehnung der Handlungsabschnitte verantwortlich, indem sie die Kleineren Kinder förmlich an den Händen in die Geschichte hineinführte.
Protzen als Bär und als Förster machte seinen Job ebenfalls ganz gut. Außerdem ist er in die Rolle des Försters Schüchtern geschlüpft.
Allerdings muss man hinzufügen, dass seine Aufgaben in allen drei Rollen nicht all zu viel Können oder gar Leistung erforderten. Eher ging es darum, die Handlungen in der richtigen Reihenfolge sowie zur rechten Zeit zu verrichten.
In seinen drei Rollen setzte Protzen zwei Blasinstrumente ein, die er dafür selbst aus Plastik und anderen Materialien zusammengebaut hatte. Wenn man diese Instrumente in der Hand hält, käme man kaum auf die Idee, dass sie wirklich die gehörten Klänge ausgestoßen haben. Das zeigt, dass bestimmte Dinge auch mit bescheideneren Mitteln bewerkstelligt werden können.
Das ganze Theaterstück war ein Beispiel dafür. So konnte man auch sicherstellen, dass die Handlung des Gespielten auch wirklich ganz und gar in den Vordergrund gestellt wurde.
Zum einen bot das Stück Unterhaltung für groß und klein. Zum anderen wurden die Bedürfnisse der Kinder auf Kosten einer durchgängigen Handlung zu stark beherzigt.
Pierre Griffon
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