24.07.2010 (ms)
"29 Künstler haben sich bemüht, von mir ein Portrait machen zu dürfen", berichtete Jose Ortega y Gasset. "Und dieser da - der 30. - ist es gelungen.“
Diese Feststellung traf der große spanische Dichter Ortega y Gasset (1883-1955).Gemeint war damit die deutsche Bildhauerin Elfriede Hartmann-Helmholz.
Sie arbeitete unter dem Künstlernamen Christiane Helmholz-Hartmann. Einstmals war sie Schülerin von Prof. Arnold Rickert an der Werkkunstschule Bielefeld.
Als sie vor kurzem in Schleiden in der Nähe von Euskirchen verstarb, übereignete der Erbe Ministerialdirektor Rainer Wilmerstadt die Büste dem Dekan des Marburger Fachbereichs Rechtswissenschaften.
Begründet ist Gassets Weigerung, Modell zu sitzen mit seiner Auffassung, dass in der modernen Kunst die Tendenz herrsche, das rein Gegenständliche abzulehnen. Der heutige Künstler dürfe kein Portrait gestalten, dem das Antlitz eines bestimmten Menschen als Vorlage diene.
Erst das Argument der Bildhauerin, dass es ihre Absicht sei, das Wesentliche eines Gesichts nicht zu deformieren, wohl aber in der Vereinfachung zu konzentrieren, überzeugte Ortega damals.
Gasset besuchte die Jesuitenschule San Estanislao de Miraflores in Málaga. Von 1897 bis 1898 studierte er an der Universidad de Deusto in Bilbao. Anschließend setzte er sein Studium der Philosophie an der Universität Madrid fort, wo er 1904 auch promovierte.
Der spätere Professor für Metaphysik an der Universität Madrid hielt sich zwischen 1905 und 1911 mehrmals zu Studienzwecken in Marburg auf. "In dieser Stadt habe ich das Äquinoktium meiner Jugend verbracht", resümierte er. "Ich danke ihr die Hälfte meiner Hoffnungen und fast meine ganze geistige Zucht". An der Philipps-Universität wurde er vom Neukantianismus Hermann Cohens und Paul Natorps geprägt. Auch sein Sohn Germán Miguel wurde an der Lahn geboren.
Dem Philosophen und Soziologen wurde unter dem Rektorat des ordentlichen Professors der Anatomie Dr. med. Alfred Benninghoff von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der
Philipps-Universität die Ehrendoktorwürde verliehen. Sie ist gewidmet "dem Freunde der Universität Marburg, der durch seine kulturphilosophischen Werke die Situation unserer Zeit erhellt und insbesondere durch die geistige Durchdringung der Probleme der Vermassung und Mechanisierung zum Aufbau einer neuen Gesellschaftsordnung wesentliches beigetragen hat." Die Urkunde wurde am 28. Juni 1952 in Marburg ausgefertigt.
Ortega y Gasset hat seine einzige Portraitbüste, die in Ton modelliert und dann in Bronze gegossen wurde, vor seinem Tode nicht mehr gesehen. Auch die Tonfassung der Büste liegt dem Fachbereich Rechtswissenschaften vor, so dass sie auch vervielfältigt werden könnte. Die Büste ist zur Zeit zusammen mit dem Gipsabdruck im Juristischen Seminar im Savignyhaus zu den üblichen Öffnungszeiten zu besichtigen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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