21.07.2010 (fjh)
Ein dritter entlassener Sicherungsverwahrter lebt seit Dienstag (20. Juli) in Marburg. Nachdem er von dieser Entlassung und dem Wunsch, nach Marburg zu kommen, hat sich Oberbürgermeister Egon Vaupel umgehend mit dem Hessischen Justizministerium in Verbindung gesetzt.
Vaupel forderte das Justizministerium auf, darauf hinzuwirken, dass der Haftentlassene nicht nach Marburg kommt. Dieser Vorstoß hatte jedoch keinen Erfolg.
"Das Maß des Zumutbaren ist für die
Stadt Marburg überschritten", sagte der Oberbürgermeister. Diese Auffassung hat Vaupel am Mittwoch (20. Juli) auch schriftlich dem hessischen Justizminister Jörg-Uwe Hahn und Innenminister Volker Bouffier mitgeteilt.
In einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik seien Politik und Justiz in der Verantwortung, immer zwischen der Freiheit des Einzelnen und der Sicherheit der Gesellschaft abzuwägen. "Das Recht der Menschen auf Sicherheit ist gleichberechtigt mit dem Recht auf persönliche Freiheit der Haftentlassenen", meinte Vaupel.
Mit drei entlassenen Gewalttätern in einer Stadt von der Größe Marburgs sei dieses Gleichgewicht nicht gewahrt. Der Oberbürgermeister glaut sogar das Gegenteil: "Es geht zu Lasten des Sicherheitsgefühls der Menschen."
Von der Landesregierung erwartet der Oberbürgermeister, "endlich dafür Sorge zu tragen, dass alltagstaugliche Regelungen und Konzepte für die Betreuung der entlassenen Sicherungsverwahrten auf den Tisch kommen". Bis heute gebe es landesweit weder ein Konzept für die Betreuung dieses Personenkreises, noch sei dafür verbindlich ein Träger gefunden worden.
"Wir als Kommune werden vor vollendete Tatsachen gestellt und allein gelassen", schimpfte Vaupel. Damit reihte er sich in den Kreis derjenigen ein, die das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Sicherheitsverwahrung nicht kritiklos hinnehmen.
Das Gericht hatte die nachträgliche Verhängung der Sicherheitsverwahrung als Verstoß gegen die Menschenrechte bewertet. Diesem Grundrecht müsse das Sicherheitsgefühl der Bürger untergeordnet werden, befand das höchste europäische Gericht.
Die entlassenen Sicherungsverwahrten unterstehen der Führungsaufsicht des Gerichts und haben Bewährungsauflagen. Zudem gibt es ein Sicherheitsmanagement zur Überwachung.
Er habe keine Kenntnis, ob die personellen Ressourcen der Polizei ausreichten, um in Marburg drei Sicherungsverwahrte zu überwachen, sagte Vaupel. "Ich bezweifle dies aber!“
pm: Stadt Marburg
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