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Die Lahn erleben


Eine Bootsfahrt mit der Elisabeth II

18.07.2010 (fjh)
Die Sonne brennt von einem wolkenlosen Himmel. Der Schweiß rinnt uns in Strömen am Körper herab. Eilig gehen wir auf den Bootsverleih unterhalb der Weidenhäuser Brücke zu.
Dort liegt das Schiff an der Reede. Die "Elisabeth II" ist Marburgs erstes Solar-Schiff. Gut 50 Jahre nach der "Elisabeth" bewegt sich damit wieder ein Fahrgastschiff auf der Lahn durch Marburg.
Vorsichtig gehen wir an Bord. Ich muss zwei Stufen hinabsteigen. Das Schiff schwankt bei jeder Bewegung beängstigend.
Die "Elisabeth II" fasst nur ein knappes Dutzend Fahrgäste. Das kleine Passagierschiff war vorher ein Fischkutter gewesen.
Uns fährt der Kahn jetzt langsam die Lahn hinauf. Unsere Gruppe hat das Boot für eine Stunde gebucht.
75 Euro hat der Spaß gekostet. Buchen können Gruppen das Boot bei der Marburg Tourismus-Marketing GmbH (MTM).
Wir haben die Bootsfahrt als kleine Überraschung für zwei auswärtige Besucherinnen gebucht. Neun Personen und ein Kind haben auf dem kleinen Kahn Platz genommen.
Die Sitzplätze sind auf Bänken in Längsrichtung an den äußeren Wänden des Schiffs angeordnet. Man sitzt einander gegenüber und schaut zugleich auch zum gegenüberliegenden Ufer, wenn man den Kopf nicht nach vorn oder hinten wendet.
Am Heck steht der Schiffsführer. Er steuert den Kahn gemächlich die Lahn hinauf.
Unsere Stimmung ist gelöst. An Bord schwitzen wir nun auch weniger, weil es hier kühler ist als am Ufer.
Bäume ragen an vielen Stellen über den Fluss herüber. Brücken spenden ebenfalls Schatten.
Unter der Weidenhäuser Brücke, dann der Luisa-Heuser-Brücke und der Wolfgang-Abendroth-Brücke hindurch fahren wir die Lahn hinauf. Auf den neuen Lahnterassen sitzen einige junge Leute und schauen herüber.Ein Elektromotor treibt die "Elisabeth II" an. Gespeist wird er von Solarzellen oberhalb des Fahrgastraums.
Heiß brennt die Sonne vom Himmel herab. Bei derart tropischem Wetter hätten die Solarzellen das Boot geradezu pfeilschnell der Strömung entgegen bewegen müssen.
Doch noch sind diese Energiespeicher nicht eingebaut. Das Sonnendeck über dem Fahrgastraum muss erst fertiggestellt werden, damit die Solarzellen darauf montiert werden können.
Elektrisch leise bewegt sich das Boot den Fluss hinauf. An der Einmündung des "Schwarzen Wassers" in die Lahn betrachten wir die neue Drehbrücke.
"Ich benötige jetzt Ihre Mithilfe", kündigt der Schiffsführer an. "Sie müssen sich jetzt alle in den Bug des Boots begeben!"
Wegen der anhaltenden Hitze ist der Wasserstand der Lahn außergewöhnlich niedrig. Unter der Elisabethbrücke könnte die "Elisabeth II" deswegen sogar auf Grund laufen.
Selbstverständlich befolgen wir alle die Weisung des Kapitäns. Wir rücken vorne ganz eng zusammen, was die gute Stimmung noch weiter steigert.
Mit seinem 75 Zentimetern Tiefgang ist der kleine Kutter geradezu ideal für die Lahn. In Marburgs prägendem Fluss können Erwachsene fast überall stehen. Doch über die seichte Stelle unter der Elisabethbrücke kommt der Kahn nur hinweg, wenn die Fahrgäste vorne ein Gegengewicht zum Elektromotor im Heck und der Schiffsschraube bilden.
Die Aktion gelingt. Ganz dicht unter den Zweigen der Uferbewuchses steuert der Schiffsführer das Boot unter der Brücke hindurch. Die größeren unter uns müssen sich bücken, damit sie keine Zweige ins Gesicht bekommen.
Der Schatten der Elisabethbrücke belohnt unsere Mitwirkung. Über der Brücke fahren Autos die Bahnhofstraße entlang.
Zwischen der Mensa und dem Afföller Wehr verläuft die Stadtautobahn B3A parallel zur Lahn. Die B3A durchschneidet Marburg wie ein trennendes Band, wogegen der Fluss eher die Lebensader der Stadt bildet.
Im Lärm des Verkehrs auf der B3A nähern wir uns langsam dem Afföller Wehr. Wir schauen hinüber zur Baustelle, wo die Zentrale der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) entsteht.
Hier soll auch eine Anlegestelle gebaut werden. Sie befände sich dann nur wenige Meter unterhalb der Rosenbrücke. Und sie befände sich unweit der Redaktion von marburgnews.
Dort wendet der Steuermann sein Boot. Etwas schneller als zuvor fahren wir nun wieder den Fluss hinab.
Auch jetzt hält der Schiffsführer unter der Elisabethbrücke wieder Kurs ganz dicht am östlichen Ufer unterhalb der Stadtautobahn. Zweige ragen zum Boot herunter.
An backbord ducken sich die Passagiere weg. Alle lachen ausgelassen.
Wieder geht die Fahrt vorbei an der Einmündung des Schwarzen Wassers und den Lahnwiesen auf steuerbord, während auf der anderen Seite die Autobahn parallel zum Fluss die Sicht verstellt. Unter der Mensabrücke, die inzwischen nach dem Marburger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Abendroth benannt ist, sowie wenige Meter flussabwärts der Luisa-Heuser-Brücke gleitet das Boot hindurch.
Wir grüßen entgegenkommende Tretboote mit einem lauten "Ahoi!". Erst vom zweiten Boot ertönt ein Gruß zurück.
Unter der Weidenhäuser Brücke gleitet das Boot hindurch und am Anleger vorüber. Weiter flussabwärts geht die Fahrt bis zum Weidenhäuser Wehr. Hier wendet das Schiff wieder, um zum Ausgangspunkt der Reise zurückzukehren.
Interessiert beobachten wir das Anlegemanöver. Der Schiffsführer vollendet es ruhig und routiniert.
Voller Freude über ein wunderbares Erlebnis gehen wir wieder an Land. Um einen Tisch beim Bootsverleih lassen wir die Fahrt bei Eis, Wasser, wein und Bier ausklingen. Diese Reise zwischen zwei Wehren hat es uns allen angetan.
Franz-Josef Hanke
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