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Missachtung der Gefühle


Gegen Zweckentfremdung von Lehr-Sondermitteln

08.07.2010 (fjh)
Gegen eine Umwidmung sogenannter "Lehr-Sondermittel" zugunsten des Haushalts der Philipps-Universität haben sich die studentischen Vertreter der entsprechenden Vergabekommission ausgesprochen. Sie kritisierten am Donnerstag (8. Juli) das Vorgehen der Universitätsleitung als Zweckentfremdung und Missachtung der betreffenden Kommissionen.
Seit dem Wintersemester 2008/2009 erhält die Philipps-Universität Landesmittel zur "Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen". Diese Gelder waren im Zuge der Abschaffung der kurzzeitig eingeführten Studiengebühren bereitgestellt worden.
Sie Werden an den Fachbereichen und auf Ebene der gesamten Universität von Kommissionen verwaltet, die mindestens zur Hälfte aus Studierenden bestehen.
Die zentrale Kommission zur Verteilung der Lehr-Sondermittel tagte am Dienstag (6. Juli). Zu Beginn der Sitzung teilten Universitäts-Vizepräsident Prof. Dr. Harald Lachnit und Kanzler Dr. Friedhelm Nonne der Kommission mit, dass das Präsidium beabsichtige, dem Senat in seiner Sitzung am Montag (12. Juli) einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Darin soll auch vorgesehen sein, dass vom 65-prozentigen Anteil der Lehr-Sondermittel, die die zentrale Kommission den dezentralen Fachbereichs-Kommissionen zuweist, Mittel in den Gesamthaushalt der Universität übernommen werden.
Der Vizepräsident begründetet diese "Zufütterung von Lehr-Sondermitteln in den Globalhaushalt" mit der angespannten Haushaltslage der Universität. Entstanden waren sie durch die Kürzungen im Zuge der Unterzeichnung des Hochschulpakts.
Bereits seit einer Kommissionssitzung im Mai ist klar, dass die Studierenden der Kommission - und damit die Mehrheit der Mitglieder - diese "strategische Umwidmung" von Geldern nicht mittragen wird. Außerdem wurde im Laufe der Diskussion über die verkündete Absicht erkennbar, dass das Präsidium offenbar bereits einen "Schlachtplan" erarbeitet hat, um sich durchzusetzen. Geplant sei, dass das angesichts der illegalen "Zufütterung" abzusehende negative Votum der Kommission mit einer Abstimmung in dem mehrheitlich von Professoren besetzten Senat zu übergehen.
Trotz der klar im Gesetz formulierten Zweckbindung der Mittel zur Verbesserung von Studium und Lehre sieht das Präsidium offenbar Spielraum für das eigene Vorhaben. Rückendeckung erhält es dabei durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK).
So ließ der Vizepräsident durchblicken, dass über die Umwidmung bereits mit der Ministerialbürokratie gesprochen worden sei. Sie habe keine Einwände gehabt.
Die studentischen Mitglieder der Kommission sind angesichts der Planungen nicht nur fassungslos, sondern auch wütend. Die Lehr-Sondermittel seien schließlich das Ergebnis jahrelanger erfolgreicher Proteste.
"Endlich haben wir zusätzliche Steuergelder zur Qualitätsverbesserung unseres Studiums unter unserer Verwaltung", sagte das studentische Kommissionsmitglied Michaela Schreiber. "Dass das Präsidium der Philipps-Universität nun den Versuch unternimmt, sich diese klar zweckgebundenen Mittel zum Stopfen anderweitiger Haushaltslöcher unter den Nagel zu reißen, ist unverschämt und unredlich."
Alarmierend sei dabei die offensichtliche ministerielle Unterstützung. Pikant sei, dass nun ausgerechnet die Fachbereiche weniger Mittel erhalten, an denen Studium und Lehre stattfinden.
"Wir werden diese Zweckentfremdung nicht schweigend oder gar tatenlos hinnehmen", kündigte Kommissionsmitglied Laura Jäkel an. "Sollte das Präsidium seinen Plan weiterverfolgen, werden wir nicht umhin kommen, den Fall gerichtlich überprüfen zu lassen. Zudem werden wir den Hessischen Rechnungshof über die dreiste Zweckentfremdung der Gelder informieren."
Nach dem "Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen Hochschulen", das Studiengebühren in Hessen abschaffte und den Hochschulen Sondermittel zur Verbesserung der Lehre zuwies, sind Kommissionen einzurichten, die diese Sondermittel verteilen. Die Kommission besteht zur Hälfte aus studentischen Mitgliedern, aber auch aus Professorinnen und Professoren sowie wissenschaftlichen und technisch-administrativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule.
Die Kommission unterbreitet dem Präsidium Verwendungsvorschläge für die entsprechenden Gelder. Nimmt das Präsidium die Vorschläge nicht an, kann abschließend der Senat der Hochschule über die Vorschläge entscheiden.
In Marburg existieren neben der zentralen Kommission, die über den Gesamtumfang der Sondermittel entscheidet, an jedem Fachbereich eigene Kommissionen in ähnlicher Zusammensetzung. Ihnen wurden zur Verteilung jeweils 65 Prozent des Gesamttopfes nach einem Verteilungsschlüssel zur eigenständigen Verwaltung zugestanden.
Über die restlichen 35 % entscheidet die zentrale Kommission. Davon werden vorrangig zentrale Einrichtungen der Universität wie etwa die Universitätsbibliothek (UB), das Hochschul-Rechenzentrum (HRZ) und das Sprachenzentrum sowie Infrastruktur-Maßnahmen gefördert.
Franz-Josef Hanke/pm
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