30.06.2010 (fjh)
Die Erforschung heimtückischer Krankheitserreger ist Inhalt der Arbeit von Prof. Dr. Hans-Dieter Klenk. Dafür erhielt der Marburger Mediziner und Mikrobiologe am Dienstag (29. Juni) in der Aula der Alten Universität den Emil-von-Behring-Preis 2010.
Mit einem Preisgeld von 25.000 Euro ist die nach dem Marburger Arzt und Immunologen Emil von Behring benannte Auszeichnung einer der höchstdotierten deutschen Forschungspreise im Bereich der Medizin, Immunologie und Virologie.
Gestiftet wird die Summe seit der Aufteilung der Marburger Behringwerke von deren Nachfolge-Unternehmen
Novartis Vaccines.
Klenk erhielt die Auszeichnung für ein herausragendes Lebenswerk, an dessen Weiterführung er trotz seiner Emeritierung immer noch arbeitet. Der langjährige Leiter des Instituts für Virologie und Direktor des Zentrums für Hygiene und Mikrobiologie der
Philipps-Universität nahm die Auszeichnung aus den Händen der Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause entgegen.
In ihrer Rede griff die Präsidentin auf ihr persönliches Standard-Thema bei Veranstaltungen in der Alten Aula zurück: Die Kunsthistorikerin setzte historische Eigenschaften des Raums in Beziehung zu der Veranstaltung. Das allerdings tat sie mit großem Geschick, indem sie das Jahr der Fertigstellung des Saals zur gleichzeitigen Ankunft Behrings in Marburg und über dessen Forschungsgebiet dann mit dem Preisträger in Verbindung brachte.
Oberbürgermeister Egon Vaupel lobte Klenk in seinem Grußwort vor allem dafür, dass er das virologische Hochsicherheitslabor auf den Lahnbergen auf den Weg gebracht hat. Damit sei Marburg auch nach dem Ausscheiden des Preisträgers weiterhin an der Spitze der molekularbiologischen Erforschung von Krankheitserregern.
Mit schwäbelndem Akzent äußerte sich Dr. Andreas Brutsche von Novartis zur praktischen Bedeutung der Arbeit Klenks für die Impfstoff-Herstellung. Bei der Erforschung des SARS-Erregers und des H1N1-Virus der sogenannten "Schweinegrippe" habe Klenk eng mit dem Marburger Impfstoff-Hersteller zusammengearbeitet. Dank dieser Kooperation sei es Novartis gelungen, innerhalb weniger Wochen einen wirksamen Impfstoff gegen diese Krankheiten auf den Markt zu bringen.
Anstelle des ursprünglich angekündigten Laudators Prof. Dr. Volker ter Meulen verlas Klenks Nachfolger Prof. Dr. Stephan Becker dessen vorbereitete Rede. In dieser Laudatio würdigte Klenks Kollege dessen einfallsreiche und beharrliche Arbeit zur Erforschung zoonotischer Viren.
Diese Krankheitserreger können vom Tier auf den Menschen übergehen und schwere Krankheiten auslösen. "Hans Klenk gehört zu den internationalen Spitzenforschern auf dem Gebiet der Influenza-Viren und hämorrhagischen Fieber-Viren", erklärte der Laudator.
Der in Köln geborene Klenk studierte Medizin in Tübingen, Wien und seiner Heimatstadt, wo er 1964 mit summa cum laude zum Dr. med. promoviert wurde. Nach einem Aufbau-Studiengang zum Diplom-Biochemiker in Tübingen erlangte er 1971 die Lehrberechtigung für Virologie in Gießen, wo er zwei Jahre später seine erste Professur erhielt.
Vorher hatte er drei Jahre als Gastforscher an der New Yorker Rockefeller Universität zugebracht. 1985 kam Klenk als Leiter der Virologie an die Philipps-Universität.
Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Hochschuldienst hat Klenk sich keineswegs zurückgezogen. So amtiert er zur Zeit als Vizepräsident der
von-Behring-Röntgen-Stiftung. Zudem ist er als Berater der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) tätig.
Schon früh wandte sich Klenk der Gentechnik zu. Er erforschte Organismen wie das Marburg-Virus, den AIDS-Erreger "HIV" oder Lassa-Viren sowie unterschiedliche Influenza-Viren.
"Die Universität Marburg kann sich glücklich schätzen, solch einen renommierten Preisträger in ihren Reihen zu haben“, lautete ter
Meulens Résumé.
In seiner Dankesrede erklärte Klenk, wie sich Grippeviren verändern, wenn sie vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Er benannte zwei wesentliche Faktoren, an denen er und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter derzeit forschen.
Zum Einen müssen die jeweiligen Viren die - im Vergleich zum Tier - unterschiedlich strukturierten Zellen des Menschen erkennen und an ihnen andocken, um wirksam zu werden. Zum Anderen müssen sie dafür die Fähigkeit entwickeln, durch die Zellmembran in den Zellkern vorzudringen.
Für beide Vorgänge verfügt Klenk über Erkenntnisse, wie Viren diese Probleme auf unterschiedliche Weise lösen. Aus dem Nachweis bestimmter Proteine beim Virus will der Virologe auch die Gefährlichkeit der jeweiligen Krankheitserreger ableiten.
Während einige Erreger nur eine geringe Fähigkeit besitzen, sich an den menschlichen Organismus anzupassen und deshalb nicht vom Menschen auf andere Menschen übertragen werden, dringen andere sehr schnell in die Blutbahn ein. Innerhalb von 48 Stunden können sie den Tod des befallenen Patienten verursachen.
Nur mit Hilfe eines speziellen Verfahrens zur Blutreinigung habe eine intensivstmedizinische Behandlung infizierte Patienten vor dem Tod schützen können. Auch bei Erkrankungen an Schweinegrippe sei dieses Verfahren – zwar selten, doch in Deutschland immerhin noch einige hundert Mal – eingesetzt worden.
Der mit vielen Bildern und Grafiken visualisierte Vortrag besaß ein sehr hohes Niveau. Medizinische oder biologische Laien konnten Klenk dabei indes kaum folgen.
Für sie war die Preisverleihung auch deshalb nicht ganz so geglückt, weil das Büfett dem herausragenden Anlass nicht gerecht wurde. Kaum mehr als eine halbe Stunde ließ man den – oft auch von außerhalb angereisten - Anwesenden bei Brezeln und Laugenbrötchen für weiterführende Gespräche. Dabei hatte Ter Meulen den Preisträger doch gerade auch für sein Engagement zugunsten einer stärkeren Vernetzung von Forschern gelobt.
Franz-Josef Hanke
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