25.06.2010 (fjh)
Physikern aus Marburg und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ist es geglückt, den quantenmechanischen Zustand eines Systems aus Millionen von Teilchen zu beschreiben, indem sie Messungen an Halbleitern mit theoretischen Vorhersagen in Übereinstimmung gebracht haben. Das Wissenschaftler-Team um Prof. Dr. Stephan Koch und Prof. Dr. Mackillo Kira von der
Philipps-Universität teilt seine Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift "Physical Review Letters“ mit.
Moderne Halbleiter-Bauelemente, chemische Reaktionen und sogar biologische Vorgänge basieren auf Prozessen, die sich im Nanometer-Bereich abspielen. Ein Nanometer misst ein Millionstel Millimeter.
Prozesse in diesem Größenmaßstab unterliegen Prinzipien der Quantenmechanik, die häufig unanschaulich sind. Um solche Nanosysteme physikalisch vollständig zu charakterisieren und womöglich sogar steuern zu können, muss man deren gesamten quantenmechanischen Zustand kennen.
"Dieses Ziel ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unerreichbar, sofern die betrachteten Systeme mehr als einige Atome oder Ionen umfassen“, sagte Senior-Autor Koch. Der Grund sei schlicht und ergreifend, dass die direkte Messung des Quantenzustands die Möglichkeiten der Datenverarbeitung erschöpfen würde.
Zur Umgehung dieses Problems nahmen sich die Physiker dünne Halbleiter-Filme vor, deren Elektronen sie optisch anregten. Statt den Quantenzustand direkt zu untersuchen, führten sie höchst präzise Messungen durch, um subtile Veränderungen des optischen Verhaltens nachzuweisen.
Die experimentellen Daten wurden aufs Genaueste mit den Vorhersagen einer avancierten Vielteilchen-Theorie verglichen. "Unser detaillierter Vergleich zwischen quantitativen Experimenten und der Theorie zeigt, dass das Absorptionsverhalten stark von der Vielteilchen-Konfiguration abhängig ist“, erläuterte Mitverfasser Kira. Auf diese Weise konnten die Forscher die Quantenzustände der optisch aktiven Elektronen mit bisher unerreichter Genauigkeit identifizieren.
"Dieses Ergebnis stellt einen ersten Meilenstein auf dem Weg zur Beschreibung von Prozessen im Nanoskalen-Bereich in Halbleitern dar", freute sich Koch. Kira kündigte an, dass man als einen der nächsten Schritte versuchen werde, den Quantenzustand extrem großer Systeme zu steuern. Möglicherweise könnte das gelingen, indem man die Quanten-Aspekte der optischen Anregung exakt kontrolliert. Zu diesem Zweck kooperieren die theoretischen Physiker von der Philipps-Universität wiederum mit Experimentatoren des "National Institute of Standards and Technology" und der University of Colorado in den USA.
pm: Philipps-Universität Marburg
Text 4075 groß anzeigenwww.marburgnews.de