19.06.2010 (fjh)
Mit der Vertreibung aus dem Paradies nimmt die biblische Schöpfungsgeschichte ein bedauerliches Ende. Joseph Haydns Oratorium "Die Schöpfung" hingegen endete am Freitag (18. Juni) nicht mit betrübter Betroffenheit, sondern mit begeistertem Beifall.
In der katholischen Kirche "St. Peter und Paul" hatte der
Marburger Konzertchor die musikalische Messe gemeinsam mit dem polnischen Orchester "Sinfonia Silesia" aus Kattowitz zur Aufführung gebracht. Als Gesangssolisten zeigten die Sopranistin Elfi Burger, der Tenor Frank Unger und der Bass Laszlo Varga ihr Können. Dirigent war Prof. Siegfried Heinrich.
Mit großem Einfühlungsvermögen arbeitete Heinrich die Feinheiten aus Haydns Komposition heraus. Akzentuiert hoben Chor und Orchester die Feinheiten hervor, die Haydn seiner Komposition eingefügt hat.
So empfindet der Komponist bei der Erschaffung der Tiere den Löwen, den Hirsch oder das Pferd musikalisch nach. Besonders schön war die Stelle, wo die Tauben zu gurren begannen.
Hier zeigte Burger beachtliches Können, als ihre glasklare Stimme mit der Flöte um die Wette tirillierte. Ansonsten hatte sie mitunter aber Mühe, in den extremen Höhenlagen die Töne noch sauber zu treffen.
Auch Unger konnte nicht vollständig überzeugen. Vor allem zu Beginn hatte seine – sonst schöne – Stimme zu viel Tremolo. Doch allmählich sang sich der Tenor dann doch noch ein.
Unangefochtener Star unter den Gesangssolisten war zweifellos der Bass. Varga sang seine Partitur ohne jede Beanstandung gefühlvoll und sauber.
Auch das Orchester brillierte mit einem hingebungsvollen und technisch perfekten Spiel. Lediglich als draußen neben der Kirche ein Motorrad knatterte, reagierten einige Musiker für eine Sekunde irritiert, ohne jedoch dadurch aus dem Takt zu kommen.
Hatte der Chor am Anfang noch ein wenig überdeutlich artikuliert, so fand auch er schnell zu seiner Bestform. Die fein abgestimmten Bewegungen der Töne durch den Chor hindurch oder gemeinsam mit den Solisten meisterten alle Beteiligten mit Bravour.
Besonderes Lob freilich gebührt dem Dirigenten, der mit der "Schöpfung" wieder einmal seine künstlerische Klasse bewies. Heinrich hatte dieses wunderbare Werk zu einer großen Lebendigkeit und einer eindrucksvollen Kraft erweckt, die den lang anhaltenden Applaus am Ende absolut rechtfertigten.
Man mag sich noch viele Aufführungen dieses Dirigenten wünschen, dessen Liebe zur Musik auch am Freitagabend aus allen Poren der Aufführung heraustrat und sich auf die anderen Beteiligten wie auch das Publikum übertrug. Kraft und Feinfühligkeit von Haydns Schöpfung bewegten und begeisterten selbst diejenigen, die der alttestamentarischen Textvorlage eher skeptisch gegenüberstanden.
Franz-Josef Hanke
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