01.06.2010 (fjh)
"Viva Polonia!" Eine kabarettistische Reise nach Polen unternahm Steffen Möller am Montag (31. Mai) in der vollbesetzten
Waggonhalle. Auf witzige und zugleich doch lehrreiche Weise brachte der gebürtige Wuppertaler dem Publikum an diesem Abend Deutschlands östliches Nachbarland näher.
Wohl ein Drittel der Anwesenden waren selbst polnischer Herkunft. Für sie waren Möllers Aussagen über Polen, die er mitunter mit polnischen Sätzen unterfütterte, vergnügliche Spitzen gegen die Kultur ihres Herkunftslands. Für die anderen waren seine Erläuterungen der polnischen Kultur informativ und vergnüglich zugleich.
Zu Beginn räumte er mit dem landläufigen Bild auf, das sich viele Deutsche von Polen machen. Anhand von Statistiken belegte er, dass Polens Wirtschaftswachstum schon in wenigen Jahren dazu führen könnte, dass Polen die Bundesrepublik wirtschaftlich überflügelt.
Auch die verbreitete Furcht vor Autodiebstählen wollte Möller mit einer Statistik zerstreuen. Wenn die abnehmende Tendenz der Zahl anhalte, die schon jetzt vergleichsweise niedriger liegt als in Deutschland, dann werde Donald Tusk irgendwann jedem noch ein Auto herausgeben, der die polnische Grenze überquert.
Anhand einiger Witze stellte Möller dann das Bild vor, dass sich Polen von Deutschland machen: "Warum benötigt ein Deutscher immer zwei Pillen Viagra?" Die Antwort war bitterböse politisch: "Weil nach einer Pille immer nur der rechte Arm hochgeht!"
Immer wieder garnierte der Deutsche, der 1993 nach Polen ausgewandert ist, seine Ausführungen mit Fotos oder Schaubildern. So zeigte er eine bildhübsche Frau im Abteil eines Zuges.
Die anschließende Zugfahrt von Berlin nach Warschau diente als kleiner Kurs zum Erlernen der polnischen Sprache. Das Gespräch mit dem Kellner im Speisewagen vermittelte allerdings nicht nur die üblichen Floskeln, sondern mit sehr viel Witz auch die dahinterstehende Haltung.
"Polen sind Pessimisten", erklärte Möller. "Sie sind fest davon überzeugt, dass es nirgendwo auf der Welt schlimmer ist als in Polen."
Behaupte jemand das Gegenteil, so sei das für sie eine Beleidigung ihres Nationalstolzes. Ebenso beleidige man einen Polen, wenn man ihm durchgebrannte Glühbirnen oder tropfende Wasserhähne melde. Einen Deutschen, der derartige Defekte wiederholt gemeldet habe, habe der Hausmeister als "Blockwart" bezeichnet.
An das Gespräch mit dem Kellner im Speisewagen schloss Möller die zweite Lektion seines heiteren Sprachkurses an. Nun verriet er dem Publikum, wie man erfolgreich mit der attraktiven Frau im Zug-Abteil flirten könne.
Dafür erläuterte er zunächst die polnischen Gepflogenheiten bei Vorstellungsritualen. Selbst bei höflicher Anrede spreche man Menschen mit "Pan" für "Herr" oder "Panina" für "Frau" an. Danach stelle man eine – je nach Grad der Vertrautheit unterschiedliche – Abwandlung ihres Vornamens.
Er selbst werde beispielsweise "Steffek" oder "Steffusch" genannt. Enge Freunde hätten noch einige weitere Koseformen seines Vornamens auf Lager.
"In Polen hat jeder mindestens einen Avartar", erläuterte Möller. "Den Nachnamen können Sie vergessen. Wenn jemand sie anredet als Pan Möller, dann ist Vorsicht geboten: Polizei?"
Den Flirt mit Komplimenten für die hübschen Füße oder wenigstens die tollen Schuhe, mit wissbegierigen Fragen zu irgendwelchen Gegenständen als Anknüpfungspunkt für ein zunächst unverfängliches Gespräch udn schließlich mit Blumen für die Auserwählte beschrieb Möller bis hin zur Hochzeit. Zum Abschluss beschrieb er die typische polnische Hochzeitsfeier mit Trinken und Tanzen.
Zur Veranschaulichung bat er vier Paare aus dem Publikum auf die Bühne. Gemeinsam mit ihnen führte er eine Polonaise vor, wie sie auf polnischen Hochzeiten immer getanzt wird.
Zwischendurch zeigte Möller Szenen aus einer Serie des polnischen Fernsehens, in der er selbst mitspielt. Gegen die hohe Einschaltquote von rund 35 Prozent zweimal pro Woche sei der "European Song Contest" nichts, meinte er.
Überhaupt seien die Polen stolz darauf, dass fast alle wichtigen Leute aus Polen stammen. Das gelte auch für den – erst am Mittag zurückgetretenen – Bundespräsidenten Horst Köhler.
Am Ende hatten die begeisterten Zuschauer trotz etlicher Lacher eine ganze Menge über die polnische Mentalität und eine Grundausdrücke der polnischen #Sprache gelernt. Wäre jedes Kabarettprogramm so witzig und zugleich so informativ, dann könnte man den Schulunterricht sogar durch vergnügliche Stunden mit Möller ersetzen.
Zum Schluss der heiteren Reise nach Polen bleibt nur der Wunsch nach weiteren Lektionen mit Möller und der überzeugte Ausruf: Viva Polonia, viva Steffek!
Franz-Josef Hanke
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