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Hohe Kunst


Schöneberger rezitierte das Hohelied

20.05.2010 (fjh)
"Deine Augen sind wie Tauben-Augen zwischen Deinen Zöpfen." Mit überschwenglichen Vergleichen lobt der Mann im "Hohelied" seine Geliebte. Sehr gekonnt trug Dr. Hans-Josef Schöneberger den biblischen Text am Mittwoch (19. Mai) in der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) vor.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte die Gemeindereferentin Birgitta Marx Eine kurze Einführung in den alttestamentarischen Text gegeben. Ursprünglich habe man ihn dem König Salomon zugeschrieben; doch wisse man heute, dass er deutlich jünger sei. Salomo regierte im 10. Jahrhundert vor Christus. Das Hohelied stammt vermutlich aus dem 5. bis 3. Jahrhundert vor Christus.
Seien die Theologen früher mehrheitlich davon ausgegangen, dass dieser Text die Liebe Gottes zu seinem auserwählten Volk sowie die Liebe der Israeliten zu ihrem Gott beschreibe, so herrsche heute weitgehende Einigkeit, dass es hier um die Liebe zwischen Mann und Frau geht. Diese Liebe werde in dem hochliterarischen Text gewürdigt.
Anschließend stand der Original-Text im Mittelpunkt. Unterbrochen wurde die knapp eineinhalbstündige Lesung durch musikalische Einlagen von Christian Floss am Klavier. Dazwischen trug Schöneberger Passagen aus dem alttestamentarischen Text vor.
"Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die gelagert sind am Berge Gilead herab." In bewunderndem Tonfall zitierte Schöneberger diese Beschreibung. Seine Stimmlage wechselte der Journalist und Nachrichtensprecher bei diesem literarischen Zwiegespräch zwischen zwei Liebenden von einem höheren Tonfall für die Frau zu einem tieferen bei den Aussagen des Mannes.
Mühelos bewältigte Schöneberger auch schwierige Textpassagen. Oft sprach er schnell und mit einer sich fast überschlagenden Stimme.
Eindringlich drückte der Sprecher das Lob der Liebenden für den jeweils anderen aus. Es klang, als empfinde er selbst genauso wie sie.
Obwohl der biblische Text nur so strotzt von überschwenglichem Lob, wirkte Schönebergers Vortrag doch nie pathetisch. Auch bei der ständigen Aneinanderreihung höchster Lobpreisungen blieb das Gesagte natürlich und echt.
An den alttestamentarischen Text schloss Schöneberger am Ende noch das "Hohelied der Liebe" aus dem Neuen Testament an. Dadurch gelang es ihm, den Überschwang der Liebesbezeugung noch ein wenig zurückzunehmen.
"Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle", schrieb der Apostel Paulus an die Korinther. "Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mirs nichts nütze."
Franz-Josef Hanke
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