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Über die Grenzen


Australischer Gitarrist mit Band überzeugte

19.05.2010 (jnl)
Als krönender Abschluss der Reihe "Acoustic Lounge" kam statt eines Solo-Gitarristen ein ganzes Quartett. Die Tim McMillan Band zeigte am Dienstag (18. Mai) im Technologie- und TagungsZentrum (TTZ) ein bemerkenswertes Crossover aus Folk, Klassik, Latin Jazz und Rock-Pop.
Den rund 70 Besuchern gefiel der humorvolle und abwechslungsreiche Auftritt der vierköpfigen australischen Combo bestens. Auf ihrer Deutschland-Tour stellte die McMillan Band ihr zweites Album namens "2dot13" vor. In der Besetzung Tim McMillan an der Akustik-Gitarre, Brad Lewis am E-Bass, Matt Crute am Schlagzeug sowie Rachel Snow an der Violine ereignete sich auf der Bühne des TTZ ein Feuerwerk an musikalischen Ideen.
McMillan, der auf der Bühne immer eine Mütze trägt, ist als Gitarrist ein Ausnahmetalent. Der Absolvent der Musikhochschule von Melbourne kann nahezu sämtliche Gitarrenstile von klassischem Villa-Lobos über Baden Powells Latinjazz bis hin zu rasend schnellem Folk-Fingerpicking oder pathetischen Rock-Riffs. Der schlanke Endzwanziger
wechselt am liebsten sogar innerhalb seiner selbst komponierten Stücke fliegend und zitierend die Tempi und Genres. Ist der Mann am Ende ein Nachfolger Frank Zappas?
Nahezu alle eigenen Stücke der Band stammen von "Mastermind" McMillan selber. Die Musik ist ideenreich, voller Anspielungen und meist sehr perkussiv-rhythmisch aufgezogen. Die Texte, die man während des Live-Auftritts kaum verstand, sind voller skurriler Geschichten von Goblins, Katzen und Mäusen. Dem entsprechen die Grafiken auf dem CD-Cover.
Die Gesangsparts werden gelegentlich von allen drei Männern der Gruppe übernommen. Meist performten indes der Bandleader.
Seine beiden Begleitmusiker steuerten die "Backingvocals" bei. Speziell nach dem Harmonie-Gesangsstil der legendären Byrds klang es gelegentlich, wenn McMillan mit Lewis gemeinsam in Falsett-Stimmlage synchrones "Paarlaufen" zelebrierte.
Auch zu abenteuerlichen Show-Einlagen neigte der sympathische "Pumuckl für Erwachsene" Tim. Bassist Lewis und McMillan etwa stellten sich auf Tuchfühlung hintereinander und bespielten gegenseitig das Saiteninstrument des Kollegen.
Wohlgemerkt blieben die Gitarren dabei am eigenen Bauchgurt. Dennoch hörte man kaum eine Einbuße an Treffsicherheit und Tempo beim Spielen.
Als eines der wenigen Coverstücke brachte die Band eine ironisch dekonstruierte Fassung des Led Zeppelin Pop-Klassikers "Stairway to heaven". Als das romantische Pathos ansetzte, steigerte McMillan kurzerhand mal das Tempo zu "Heavy Metal"-Sound, den er nach ein paar Takten gleich wieder abwunk, indem er auf Deutsch "Leistenbruch" sagte und den Schwank beendete. Der Witz, dass die Leiter - wörtlich genommen - eine ist, von der man herunterfallen kann, war natürlich gut plaziert und dem Publikum einen Extrabeifall wert.
Nahezu ähnlich souverän wie seine Beherrschung des Instruments gestaltete McMillan die Zwischen-Ansagen. Zum Beispiel erzählte von seinen schlechten Angewohnheiten.
Dazu gehörte etwa, dass er Whisky - immer mit Cola verdünnt - bevorzuge. Das müsse er immer heimlich mixen, da man das in Deutschland einfach nicht verstünde.
Als Beobachter fragte man sich, ob seine kleinen Konflikt-Anekdoten nicht allesamt selbst ausgedacht sind. Nichtsdestotrotz lachte man darüber.
In akzentvollem Deutsch - aber mit einer Menge mehr Wortschatz als die meisten anderen Musiker aus der Englisch sprechenden Welt - interagierte er auch immer wieder direkt mit dem Publikum. Als "Joke" verkündete er etwa, dass er übrigens eine deutsche Ehefrau suche. Schließlich benötige er dringend europäische Papiere.
Bei Interesse solle man sich nach dem Konzert einfach bei ihm melden. Man staunt und lacht.
In Wirklichkeit stand bereits am nächsten Tag der Rückflug nach Australien an. Dort warten auch schon einige Konzert-Termine. Allerdings wird die McMillan Band am Donnerstag (1. Juli) noch einmal in Deutschland auftreten. Sie darf als Vorgruppe bei ihrem "Hero" Al di Meola in Süddeutschland dabei sein.
Nach drei stürmisch von einem begeisterten Publikum im TTZ eingeforderten Zugaben bleibt noch der Hinweis auf die beiden CD-Alben aus 2007 und 2010, die die Band dabei hatte. Mit ihnen kann man sich die Zwischenzeit versüßen, bis wiedermal eine Gelegenheit zum Live-Konzert kommt. Der wie ein junger Ian Anderson aussehende Tim McMillan hat zweifellos das Zeug, selber zu einer Berühmtheit zu werden.
Jürgen Neitzel
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