18.04.2010 (fjh)
Mit einem fulminanten Abschluss krönte der
Marburger Konzertverein die Saison 2009/2010. Das Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter der Leitung von Daniel Raifkin begeisterte am Samstag (17.April) das Publikum in der Stadthalle.
Schon bei den ersten Tönen erzeugten die Musiker eine Atmosphäre entrückter Aufmerksamkeit. Ludwig van Beethovens Leonoren-Ouvertüre erklang in ihrer ganzen Dramatik. Die lyrischen Passagen intonierte das Orchster ausgesprochen verhalten, während die lebhafteren Sequenzen mit voller Kraft erschallten.
Zwar kann ein so großer Klangkörper auch viel mehr Dynamik entfalten als ein Kammerorchester; doch ist die Ausdrucksstärke der Koblenzer Formation gewiss auch ihrem Dirigenten zu verdanken.
Den Höhepunkt des Abends bildete dann das Violinkonzert von Max Bruch. Entsprechend der Aufführungspraxis aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgte dieses Solokonzert auf die Ouvertüre. Dabei übernahm Benjamin Schmid den Solopart.
Ein kaum hörbarer Paukenwirbel lenkte gleich zu Beginn die Aufmerksamkeit auf das Spiel der Violine, die sich langsam zu den höheren Tönen aufschwang und ganz alleine ertönte, bis das Orchester wieder einsetzte. Virtuos verzauberte Schmid die Zuhörer mit seinem Spiel. Nicht weniger gekonnt hinterlegte das Orchester seine Soli mit leisen, langsamen, lauten oder schnellen Tonfolgen.
Mit theatralischer Mimik und Gestik inszenierte Schmid seinen Auftritt. Wenn er nicht zu spielen hatte, bewegte er sich , als wolle er dirigieren.
Diese Begeisterung für Bruch spiegelte sich aber auch in seinem Spiel wider. Gemeinsam mit dem Orchester entfaltete er die ganze Dramatik und Schönheit der Komposition.
Bei einer Zugabe vor der Pause bewies Schmid noch einmal sein Können. Alle unterschiedlichen Klangvarianten der Violine brachte er dabei zu Gehör. Auch die schnellsten Tonfolgen traf der Teufelsgeiger souverän.
Nach der Pause verlangte die übliche Zusammenstellung des späten 19.Jahrhunderts nach einer Sinfonie. Raiskin hatte sich hier für die Rheinische Sinfonie von Robert Schumann entschieden. Angesichts ihrer Namensverwandtschaft mit dem Orchester mag diese Auswahl wohl kaum verwundern.
Wer in den 70er Jahren im Rheinland groß geworden ist, dem ist das Thema des 1.Satzes höchstwahrscheinlich als Erkennungsmelodie der täglichen Fernsehsendung „Hier und heute“ vertraut. Ebenso eingängig sind auch die weiteren Sätze, obwohl sie mitunter ungewöhnlich instrumentiert sind. Alle Nuancen dieser eindrucksvollen Komposition hat das Orchester einfühlsam herausgearbeitet.
Sicherlich ist die Rheinische Sinfonie mit ihrem Wechsel fast melancholischer und mitunter beinahe volksliedartiger Passagen einerseits und einer dramatischen Klangstärke andererseits eines der Meisterwerke Schumanns. Zweifelsfrei war die Interpretation durch die Rheinische Philharmonie ebenso meisterhaft.
Den langanhaltenden Applaus haben die grandiosen Musiker und ihr Dirigent unbestreitbar verdient. Von diesem Klangkörper hätte man sich durchaus noch eine Zugabe gewünscht.
Franz-Josef Hanke
Text 3705 groß anzeigenwww.marburgnews.de