29.03.2008 (jnl)
Eine der wenigen international bekannten Bands aus Finnland ist "22 Pistepirkko". Die dreiköpfige Rock-Pop-Combo trat am Freitag (28. März) im
Kulturladen KFZ vor ihre beträchtliche Fan-Gemeinde.
Rund hundert Leute hatten sich eingefunden, um das jüngst erschienene Album "Stuff Is Like We Yeah!" kredenzt zu bekommen. Wer in die CDs der Gruppe hineingehört hatte, erwartete rockige Bühnen-Versionen von teils erlesenen Pop-Perlen.
Das Trio ist bekannt für musikalisch äußerst abwechslungsreiche Eigenkompositionen. Die Texte der meist schlaglichtartig um Beziehungen kreisenden Stücke erzählen auf Englisch kleine, feine Geschichten.
Die Titel des neuen Albums sprechen für sich: "Suburban Ladyland", "Lizard", "Sky Girl", "Zombie" oder "Smileys Are Not Enough". In der Popmusik geht es nunmal um die Liebe und andere kleine Fluchten aus dem Alltag.
Die Musiker sind Mittvierziger. Aber ihr Publikum besteht vornehmlich aus Leuten zwischen 20 und 40.
An diesem Abend sprang der Funken jedoch nicht recht über. Nur wenige begannen, zu tanzen. Die rockigen Rhythmen waren wohl da, aber die Musiker kriegten keinen stetigen "Flow" ins Geschehen. Pop-Stücke mutierten durch exzessiven Verzerrer-Einsatz öfter zu punkigen Sound-Gewittern.
Der Sänger und Gitarrist PK Keränen zumal gefiel sich in der Jimi-Hendrix-Pose. Mit seinen braunen Cordschuhen auf Auslöser tippend, warf er die Pop-Songs in ein Säurebad aus Fuzz-Lärm. Bei ruhigeren Stücken kam dagegen die Ausdruckskraft seiner hohen Stimme voll zur Geltung. Sein Outfit mit Indianerhut und Altväter-Weste zur Bluejeans zitierte gewissermaßen Johnny Depp aus dem Film "Dead Man".
Sein Bruder Asko tanzte in der Synthesizer-Ecke bizarre Tänze zwischen seinen Keyboards und Einlagen als Bassist. Zwischendurch verkündete er, die Zuhörer sollten den US-Musiker Link Wray hören. Das sei "good for your soul", meinte er.
Der Schlagwerker Espe Haverinen wirkte vergleichsweise am ausgeglichensten. Sehenswert und zur Nachahmung empfohlen war seine Art, die Becken-Trommeln rechter Hand mit einer Rassel zu schlagen. Seine Gesangskünste erwiesen sich auch als durchaus beachtlich.
Die seit 1980 bestehende Finnen-Band hat sich übrigens nach dem
Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer benannt. Der schwarz getüpfelte, gelbe Käfer lebt ausgerechnet in Skandinavien nicht. Die Namenswahl "22 Pistepirkko" bringt zum Ausdruck, dass die Band weitab von Klischees über Finnen und ihre Sauflust Pflöcke einrammen möchte.
Die Drei sind einfallsreiche Sound-Tüftler. Ihr Cover von "Don't fade away" zum Beispiel hatte eigenständige große Klasse.
Obwohl die drei uneitlen Experimental-Musiker diesmal keine Sternstunde hinlegten, war das Publikum nicht bangig unzufrieden. Die bekömmliche Mixtur aus langsamen, gefühlvollen Songs und schnellen Rock-Titeln auf ihren Alben ist hervorragend geeignet für lange Autofahrten. Beim nächsten Marburg-Gig sind "22-PP" auch bestimmt wieder ganz anders drauf.
Jürgen Neitzel
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