14.03.2010 (jnl)
Die Aula der Alten Universität war am Samstag (13. März) zur Verleihung des 10. Marburger Kamerapreises voll besetzt. Ob der Bekanntheitsgrad der
Filmemacher von "Das Boot", der bekannte Jazz-Musiker
Klaus Doldinger als weiteres Highlight oder das stetig gestiegene Renommee der
Marburger Kameragespräche die Menschen angezogen hatte, war nicht zu ermitteln.
Die neue Universitätspräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause hielt einleitend eine besonders schöne Rede. Soweit es an ihr und der
Philipps-Universität liege, werde die Zukunft dieser medienwissenschaftlichen Fokussierung auch nach der Emeritierung von Prof. Karl Prümm durch eine entsprechende Ausschreibung gesichert.
Humor blitzte auf, als sie
Jost Vacanos Lebensweg, sein Parkstudium und den folgerichtigen Studienabbruch aufs Korn nahm. All diese Stationen hatte der Preisträger hinter sich gebracht, bevor er seinen Wunschberuf als Film-Bildgestalter verwirklichen konnte. Aus ihm sei aber auch so jemand Bemerkenswertes geworden.
In seiner Rede beschwor Oberbürgermeister Egon Vaupel mit prachtvoller Amtskette den Kamerapreis als herausgehobenes Symbol der engen, guten Kooperation zwischen Universität und Stadt. Der Kulturdezernentin Dr. Kerstin Weinbach oblag es, den zahlreichen Partnern und Sponsoren des Preises gebührend zu danken.
Schon eine Tradition der Kamerapreis-Feierlichkeiten war die Vorführung eines filmischen Vortrags mittels Beamer-Technik. Diesmal zeigte sie Günther Rohrbach. Der langjährige berufliche Weggefährte des Preisträgers und Produzent seines Kino-Kassenschlagers "Das Boot" hielt eine Art Co-Laudatio. Ihn hatten nicht näher genannte private Gründe abgehalten, persönlich in Marburg mit dabeizusein.
Als Laudator hatten die Veranstalter mit dem Filmregisseur Peter Schamoni eine ausgezeichnete Wahl getroffen. Als langjähriger Freund und beruflicher Gefährte Vacanos, mit dem gemeinsam er in den 50er und 60er Jahren den Berufseinstieg gemeistert hatte, hatte er trotz aller Vorredner, die "schon alles gesagt" hatten, einiges ins Licht zu rücken.
Gemeinsam hatten die beiden mit der Dokumentation "Moskau 1957" über die damaligen Welt-Jugendfestspiele ihr allererstes Filmprojekt verwirklicht. Ebenfalls in enger Zusammenarbeit entstand ihr Spielfilm-Debüt. Dieser Film "Schonzeit für Füchse" wurde bei der Berlinale 1966 uraufgeführt. Da er einen Nerv der Zeit traf, fand er seinerzeit große Beachtung.
Nach diesem ersten Erfolg bekam der Kameramann eine Fülle von Angeboten, Literaturverfilmungen für das Fernsehen zu drehen. Den internationalen Durchbruch erreichte Vacano dann durch "Das Boot" und die Oscar-Nominierung dafür. Während Vacano danach in der internationalen Liga mitspielte, blieb Schamoni jedoch beim deutschen Film.
Den verschollenen Vater Vacanos, der vor der Nazi-Gewaltherrschaft in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) geflohen war und dabei Frau und Kind zurückgelassen hatte, machten beide viele Jahre später ausfindig. Schamoni war genauso wie der 14 Tage früher geborene Vacano bei einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen.
Über den Hobbyflieger Vacano und sein enormes technisches Können, das ihm sogar die Wartung des Fluggeräts in eigener Regie erlaubte, wusste Schamoni auch noch Anekdotisches zu erzählen. Abschließender Höhepunkt seiner Laudatio war aber ein längeres Zitat aus der Doktorarbeit des eigenen Vaters. In einer der ersten kunstwissenschaftlichen Arbeiten über den Film in Deutschland fand sich 1927 von Victor Schamoni unter dem Titel "Triumpf der Kamera" eine bemerkenswerte Würdigung der Film-Bildgestalter. Das war wirklich ein passendes, verblüffendes Fundstück.
In völlig freier, eloquenter Rede dankte der kurz vor seinem 76. Geburtstag stehende Preisträger den Lobrednern des Abends. Humorig würdigte er zudem den Anteil seiner anwesenden Ehefrau: "Behind every successful man there's an exhausted woman."
Dann nutzte Vacano die Gelegenheit, sein gegenwärtiges Engagement für die Anerkennung der Urheberrechte des eigenen Berufsstands bekannter zu machen. Während der Regisseur für die zahlreichen Fernseh-Ausstrahlungen von "Das Boot" mittlerweile das 30-fache seiner urspünglichen Gage durch Urheber-Prämien erhalten habe, gehe er als Bildgestalter völlig leer aus, berichtete Vacano.
Auch die Maler früherer Zeiten hätten weitgehend Auftragswerke erstellt, aber anders als bei den Film-Bildgestaltern bestreite bei ihnen niemand ihre Urheberschaft. Daher führe er gegenwärtig einen Musterprozess, um diesen Mangel an Anerkennung und Fairness zu beseitigen.
Vacano erhielt großen Beifall und man sah viele nachdenkliche Gesichter. Dann wurde das Büffet und damit der informelle Teil des Abends eröffnet.
Jürgen Neitzel
Text 3560 groß anzeigenwww.marburgnews.de