13.03.2010 (fjh)
Als Ersatz für verhinderte Kollegen aus Moskau war das Georgische Kammerorchester Ingolstadt mit seinem Dirigenten Ariel Zuckermann am Freitag (12. März) eingesprungen. Doch was die Musiker an diesem Abend in der Stadthalle boten, das war alles andere als ein Ersatz!
Zunächst erklangen sieben Sätze aus der "Ballettmusik zu Don Juan" von Christoph Willibald Gluck. Dabei befand sich der Dirigent auf Augenhöhe mit seinem Orchester.
Schon hier zeigten die Ingolstädter ihren ausgeprägte Interpretation zwischen sehr leisem und durchaus kraftvollem Spiel. Es war erstaunlich, wie unterschiedlich die verschiedenen Sätze daherkamen.
Konnte man aus dem ersten Satz noch Anklänge an den Stil eines Wolfgang Amadeus Mozart heraushören, so erinnerte der letzte Satz eher an Antonio Vivaldi. Dazwischen lagen aber auch Stellen ganz eigenen Stils.
Besonders beeindruckend war der Übergag vom dritten zum vierten Satz. Endete der dritte Satz so leise, dass man den Atem anhalten musste, um die Musik überhaupt noch zu hören, so begann der folgende Satz mit voller Macht.
Beim darauffolgenden Konzert für Harfe und Streichorchester in e–moll von Elias Parish-Alvars steigerten sich die Musiker noch. Für das opus 34 gesellte sich die Harfenistin Isabelle Moretti zum Orchester hinzu.
Was Moretti da aus ihrer Harfe herauszauberte, das versetzte das Publikum in Verzückung. Mal eher langsam und besinnlich, dann wieder rhythmisch im Einklang mit dem vollen Orchester-Sound vereinte sich das helle und klare Spiel des Instruments mit dem des Orchesters.
Bei der anschließenden Introduktion, Thema und Variationen über "Ihr Blümlein alle" von Franz Schubert übernahm der Flötist Andràs Adorjan die Rolle des Solisten. Auch er brillierte in harmonischem Einklang mit dem virtuosen Orchester.
Als kleine Zugabe vor der Pause spielte Adorjan die moderne Adaption eines berühmten Flöten-Stücks durch den 1973 geborenen Klarinettisten Jörg Widmann. Zwischen den Flötentönen verriet Adorjan den Unwissenden buchstabenweise den Namen des ursprünglichen Komponisten "B", "a", "c" und "h". Heiterkeit machte sich breit.
Nach der Pause spielten dann beide Solisten gemeinsam mit dem Orchester das Konzert für Flöte, Harfe und Orchester in C–Dur von Wolfgang Amadeus Mozart. Das während einer tiefen Lebenskrise des damals 22-jährigen Komponisten in Paris entstandene Werk mit der Nummer 299 im Köchel-Verzeichnis zeigt als eines der ersten den typischen Kompositionsstil Mozarts. Bei seiner "Kleinen Nachtmusik" hat er auf diese Arbeit wieder zurückgegriffen.
Regelrecht nach den Sternen gegriffen haben bei ihrer Interpretation am Freitagabend die Musiker. Mal waren Flöte und Harfe genau im Gleichklang, dann wieder ergänzten sich ihre Melodieführungen zu zweit oder gemeinsam mit dem Orchester, bei dem Oboen und Hörner die Flöte gelegentlich unterstützten.
Bei dieser Darbeitung stimmte einfach Alles. Hier hatten sich die Musiker auf den "Schultern" eines begnadeten Komponisten regelrecht in himmlische Sphären erhoben.
Der Begeisterung des Publikums zollten die beiden Solisten zum Schluss noch ihren wunderbaren Tribut. Zu zweit intonierten Moretti und Adorjan ein Werk von Edgar Hubert. Wunderbar harmonierten die hellen Klänge von Flöte und Harfe dabei so, dass das verzückte Publikum anschließend beinahe das Klatschen vergaß.
Doch nicht nur die beiden virtuosen Solisten haben diesen Abend zu einem Höhepunkt der Konzertsaison 2009/2010 gemacht. Auch das 1964 gegründte Georgische Kammerorchester, das 1990 nach Ingolstadt übersiedelt ist und schon unter so berühmten Dirigenten wie Kurt Masur und Lord Yehudi Menuhin musiziert hat, zeigte unter Zuckermann größtes Einfühlungsvermögen und absolute Virtuosität.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie es dem
Marburger Konzertverein gelingt, wunderbare Konzerte im weiteren Verlauf seines Programms doch noch zu überbieten. Nicht nur den Solisten, sondern auch dem Orchester und seinem Dirigenten möchte man nach diesem Abend zurufen: "Das war Zucker, Mann!
Franz-Josef Hanke
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