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Klarinetten spielen Klezmer


Trio Carpion verband Musik und Mutterwitz

11.03.2010 (chr)
In klagenden Weisen sangen Avishai Fisz und seine beiden Mitstreiter Daniel Hoffman und Gershon Waiserfirer am Mittwoch (10. März) über die Liebe. Trotzdem musste das Publikum in der Waggonhalle immer wieder lachen. Denn das Trio Carpion sah dabei einfach urkomisch aus!
Zu Anfang hätte das wahrlich keiner vermutet. Auf der Bühne standen drei Männlein im Frack. Waiserfirer war klein und dick, Hoffman lang und dünn und Fisz irgendwo dazwischen.
Angetreten waren die Musiker aus Israel als Spezialisten für Klezmer-Musik. Dieser Stil bezeichnet alte nahöstliche Volkslieder.
Ganz behutsam führte das Trio seine Zuhörer an die - jungen Leuten wohl eher unbekannte - Musikrichtung heran. Geiger Hoffman spielte eine erste kleine Melodie.
Fisz fiel mit dem Akkordeon leise ein. Waiserfirer machte die Harmonie mit langen Tönen auf dem Euphonium – einer Art kleiner Tuba – komplett.
Sofort wehte ein Hauch von Orient durch den Raum. Jeder der Musiker schien in sein Spiel versunken.
Plötzlich fiedelte Hoffman flott drauflos. Waiserfierer stieß wippend die Töne seines Euphoniums dazwischen. Ruckzuck war aus der leisen Melodie ein nahöstlicher Volkstanz geworden.
Fast schüchtern klangen anschließend Fisz’ erste Worte an diesem Abend. "Mein Deutsch ist nicht so gut", behauptete er.
Deshalb sang der Akkordeon-Spieler lieber auf jiddisch, hebräisch oder rumänisch. Mit einer kraftvollen Tenorstimme veredelte Fisz das Spiel seiner Kollegen.
Man hätte ihn fast für einen Opernsänger halten können, so glasklar hüpften die Töne aus seiner Kehle. Dazwischen führte der Frontmann in seinem angeblich nicht so guten Deutsch erstaunlich gewandt durchs Programm.
Nach und nach kam dabei der erstaunliche Mutterwitz des Trios zum Vorschein. Allein durch ihre Körpersprache reizten die Musiker zum Lachen.
Fisz spielte und sang immer mit einem schalkhaften Lächeln auf den Lippen. Dabei war es ganz egal, ob es in seinen Liedern um betrogene Männer oder untalentierte Hausfrauen ging.
Waiserfirer guckte irgendwo in die Ferne. Dabei schien er wie in einer Art Tanz mit seiner Miniatur-Tuba versunken. So leichtfüßig angestrengt spielte sonst keiner.
Hoffman schließlich trieb seine Kollegen mit dem Bogen scheinbar immer wieder zur Eile an, sodass André Rieu neben ihm wie ein freundlicher Großvater gewirkt hätte. Dabei stellte der Geiger den ganzen Abend über den gleichen gelangweilt-blasierten Gesichtsausdruck zur Schau.
Derlei leiser Humor war äußerst nett anzusehen. Ein weiterer Pluspunkt im Spiel des Dreier-Gespanns waren seine Überraschungsmomente.
Flotte Tänze und ruhige Lieder wechselten sich derart virtuos ab, dass der Zuhörer nie wusste, welches musikalische Bild ihn als nächstes erwartete. Im einen Moment malte das Trio mit Mandoline und Geige die Szenerie eines unglücklich Verliebten in der Wüste.
Dagegen fing Fisz zu einem besonders volkstümlichen Rhythmus auf einmal an zu jodeln. Sofort dachte der Zuhörer wohl eher an die Alpen als an den Tempelberg.
Mit derlei Variationsreichtum gelang es den Musikern im wahrsten Sinn des Wortes spielend, das Publikum in eine ganz andere Welt zu entführen. Dass dabei oft nur ein Teil des Texts verständlich war, tat dem Genuss akustisch wie optisch keinen Abbruch. Die grundlegenden Wahrheiten sind schließlich in jedem Land der Welt gleich.
Deshalb behauptete das letzte Lied aus Aserbaidschan auch ganz richtig: "Die Liebe ist wie ein Ofen: Nett aus der Ferne, aber man muss aufpassen!" Für soviel musikalischen Mutterwitz erntete das Trio neben Gelächter vor allem stürmischen Applaus.
Christian Haas
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