03.03.2010 (mal)
"Der Mensch ist ein Augentier", bemerkte Dr. Werner Hecker. Er ist Mitarbeiter der Abteilung "Frühförderung" in der
Deutschen Blindenstudienanstalt (BliStA) an der Biegenstraße.
Aufgrund der unzureichenden öffentlichen Zuwendungen hat dieser Bereich mit einem strukturellen Defizit zu kämpfen. Aus diesem Anlass fand am Mittwoch (3. März) eine Spendenübergabe von 10.000 Euro durch die Commerzbank-Stiftung statt.
Diese Stiftung soll laut Satzung insbesondere dort helfen, wo öffentliche Gelder und Zuschüsse rückläufig sind. Sie wurde 1970 anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Commerzbank in Hamburg gegründet.
Das Stiftungskapital beträgt zur Zeit 50 Millionen Euro. Die daraus resultierenden Fördermittel von 2,1 Millionen Euro werden insbesondere in den Schwerpunkten "Hochschule und Forschung", "Soziales Engagement" sowie "Kultur und Denkmal/Umweltschutz" eingesetzt.
Überreicht wurde die Spende durch Dagmar Ruhl von der Commerzbank-Stiftung, Gerd Bernd Schulmeier von der Marburger Bankfiliale und Frank Richtsmeier von der Firmenkunden-Betreuung. Das Geld wird zur Förderung blinder, sehbehinderter und mehrfach behinderter Kinder mit und ohne geistige Behinderung eingesetzt.
Die Investoren zeigten sich beeindruckt vom Förderungsprogramm der BliStA, das Hecker ihnen ausführlich darstellte. In den ersten Lebensjahren würden seiner Ansicht nach die entscheidenden Weichen für die weitere Entwicklung gestellt. Frühförderung sei daher umso wirksamer, je früher sie einsetze.
Besonders im Vorschulbereich sei eine nachhaltige Förderung ohne Spendengelder nicht gewährleistet. Die Zielgruppe der BliStA-Frühförderung höre zwar Geräusche, könne aber ihre Umwelt nicht sehen. Also seien ein Erlernen von räumlichen Beziehungen und das Schärfen nicht visueller Sinne notwendig. Da Bewegungen oftmals sehr statisch seien, müsse ausreichende Flexibilität antrainiert werden.
Eine anwendungsorientierte Methode sei die Geräusch-Lokalisation durch akustische Gerätschaften. Wenn die Kinder in der Lage seien, die Richtung der akustischen Signale zu orten, diene das als Anreiz zur Fortbewegung.
Auch durch die sogenannte Beidhand-Koordination erfolge eine Förderung. Durch gezieltes Tasten könnten die Schützlinge bekannte und unbekannte Räumlichkeiten erkunden.
Außerdem seien sie zur Echo-Lokalisation fähig. Die Kinder schlagen dabei mit ihren Händen auf den Boden und können durch die Reflektion der Schallwellen nahe Hindernisse orten und dadurch umgehen.
Ein anderer Förder-Schwerpunkt seien zu dem lebenspraktische Fertigkeiten. Das Anziehen von Kleidung oder der Umgang mit Spielgeräten müssten im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten erlernt werden.
Wie das Spendengeld nun im Einzelnen eingesetzt wird, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht fest. Qualifizierung sowie Weiterbildung von Mitarbeitern seien ein potentieller Verwendungszweck. Eine Investition in akustische und visuelle Gerätschaften müsse auch überlegt werden. In jedem Fall aber wolle die BliStA den Bereich der Video unterstützen Diagnostic weiter ausbauen.
Die Frühförderung konzentriere sich auch auf die Eltern. Mitarbeiter leiteten sie an, damit sie ihre Kinder später ohne fremde Hilfe fördern könnten.
Über Kameras mit HD-Qualität könne das Verhalten der Eltern festgehalten und ausgewertet werden. Anschließend erfolge eine gemeinsame Reflektion mit dem Ziel einer anwendungsorientierten Problemlösung.
Die BliStA zeigte sich dankbar für die ihrer Ansicht nach überraschend hohe Spendensumme. Sie versprach einen gezielten sowie systematischen Ausbau der Frühförderung.
Martin Ludwig
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