02.03.2010 (fjh)
Auf Initiative des Europäischen Parlaments (EP) und des Rates der Europäischen Union (EU) wurde das Jahr 2010 zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgerufen. 1,4 Millionen Euro werden seitens der EU und der Bundesregierung für 40 "Leuchtturm-Projekte" zur Verfügung gestellt, die sich gegen Armut und Ausgrenzung engagieren.
In Deutschland organisiert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die von der EU-Kommission ins Leben gerufene Kampagne. Zentrales Anliegen der politisch Verantwortlichen für diese Maßnahme ist, das Bewusstsein für Armut und soziale Ausgrenzung sowie die gesellschaftliche Verantwortung zu schärfen. Zudem möchte man allen den Rücken stärken, die diese Probleme im Alltag aktiv angehen wollen.
Jeder elfte Bundesbürger sieht sich selbst von Armut betroffen. 27 Prozent finden Armut in ihrer Familie oder in Verwandtschaft, 36 Prozent im Freundes- und Bekanntenkreis.
Nach einer Umfrage nehmen 51 Prozent der Befragten Armut in der eigenen Wohngegend wahr. Deshalb steht in Deutschland die Kampagne unter dem Motto "Mit neuem Mut".
Als Erster Kreisbeigeordneter ist Dr. Karsten McGovern im Kreis für Soziales zuständig. "Für den
Landkreis Marburg-Biedenkopf ist es schon seit geraumer Zeit ein Anliegen, Personen mit Sozialhilfe-Bezug nach dem Sozialgesetzbuch XII ein Angebot zu machen, das ihnen neue Chancen auf eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eröffnet", erläuterte der Sozialdezernent.
Auch Menschen im Sozialhilfe-Bezug wollten eine sinnvolle Beschäftigung im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben. Es gehöre zur Verantwortung der Gesellschaft, die betroffenen Menschen dabei zu unterstützen.
Das Europäische Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung eröffne durch das Förderprogramm nun die Möglichkeit, im Landkreis ein Projekt zu starten, das den betroffenen Personen Unterstützung bei einer sozialen und beruflichen Integration bietet. Auf Initiative des Ersten Kreisbeigeordneten wurde deshalb gemeinsam mit der gemeinnützigen Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft
INTEGRAL und dem Fachbereich Familie, Jugend und Soziales des Landkreises beschlossen, einen entsprechenden Förderantrag zu stellen.
Bis Ende des Jahres 2009 gingen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales über 800 Projektanträge ein. Aus ihnen wurden nach Maßgabe der ?Förder-Richtlinie aufgrund begrenzter Fördermittel lediglich 40 Projekte für eine Förderung ausgewählt.
INTEGRAL-Geschäftsführer Cornelius Schulz und Prokurist Helge Micklitz teilten am Dienstag (2. März) mit, dass das in Kooperation mit dem Landkreis beantragte Projekt "Teilhabe ermöglichen ? Chancen ergreifen" zu den zwei Projekten gehört, die in Hessen für eine Förderung seitens des BMAS ausgewählt wurden. Mit der Leitung und Umsetzung des Projekts in Kooperation mit dem Landkreis im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Dezember 2010 wurde Bianca Dreyer von INTEGRAL beauftragt.
"Mit dem Fachdienst Soziales, der seitens des Landkreises für die Unterstützung der Hilfeberechtigten für Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, wurden bereits die ersten Schritte zur Umsetzung des Projektes konkretisiert und eingeleitet", ergänzte Uwe Pöppler. Er leitet beim Landkreis den Fachbereich Familie, Jugend und Soziales.
Allgemein hat das Projekt zum Ziel, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, ihre soziale Lebenssituation zu stabilisieren, soziale und Arbeitsmarkt-relevante Schlüsselkompetenzen zu erwerben, ihre gesundheitliche Situation zu verbessern, die eigenen Potenziale zu stärken und zu entwickeln sowie potenzielle Beschäftigungsfelder kennenzulernen. Durch die Mitarbeit soll bei den betroffenen Personen Anerkennung und Wertschätzung sowie das Selbstvertrauen gefördert werden.
Langfristig soll durch das Projekt eine Steigerung und Sicherung der Erwerbsfähigkeit erfolgen. Zum Ende des Förder-Zeitraums soll nach Möglichkeit eine angemessene Erwerbstätigkeit angestrebt werden. Durch eine sozialpädagogische Begleitung und Beratung von INTEGRAL steht den beteiligten Personen für Fragen der sozialen und beruflichen Integration eine kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Das Projekt startet für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem vierwöchigen Einstiegs-Workshop. Dabei werden alle wichtigen Themen, die die soziale und berufliche Integration betreffen, mit pädagogisch spezifisch an die Zielstellung angepassten Methoden behandelt.
In der daran anschließenden Phase erfolgt die schrittweise Heranführung an die Tätigkeitsfelder. Möglichst wohnortnah ist hier an die unterschiedlichsten Einsatzbereiche der Beschäftigungsgesellschaft INTEGRAL gedacht. Aber auch Aufgabenbereiche bei Vereinen, Verbänden und Kirchen können ein weiteres Feld des Engagements sein.
Bei der täglich drei Stunden umfassenden Tätigkeit werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch - im jeweiligen Arbeitsfeld fachlich ausgewiesene - Paten begleitet. Eingebettet in die Projekt-Laufzeit sind spezifische Qualifizierungsangebote, um eine nachhaltige Eingliederung zu fördern. Vor dem Hintergrund der gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse soll in der Schlussphase des Projekts mit den beteiligten Personen überlegt werden, wie ihre soziale und berufliche Integration nachhaltig gestaltet werden kann.
Nach dem Sozialgesetzbuch XII (DSGB XXII) wrden nur Personen gefördert, die gar nicht oder höchstens bis zu drei Stunden täglich erwerbsfähig sind. Angesichts der Probleme bei der Eingliederung der Bezieher von Arbeitslosengeld II (#ALG II) in den Arbeitsmarkt ist das neue Projekt nur dann überhaupt diskutabel, wenn die Teilnehmenden eine entsprechende Förderung wirklich aus eigenem Antrieb anstreben.
pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf
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