Logo: marburgnewsMobile Marburgnews

Zum Menü

Verteidigung voller Energie


Kirchenobere möchten Kritiker mundtot machen

25.02.2010 (fjh)
"Wer aber ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!" Irgendwie müssen deutsche Bischöfe diese Bibelstelle missverstanden haben. Anders ist es jedenfalls nur schwer zu erklären, dass katholische Bischöfe in jüngster Zeit diejenigen angreifen, die den Umgang der Kirche mit Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern kritisieren.
Öffentlich seinen Unmut geäußert über ein Interview der Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger zur kirchlichen Strategie des Umgangs mit sexuellem Missbrauch hat am Dienstag (23. Februar) der Vorsitzende der katholischen deutschen Bischofskonferenz. Erzbischof Robert Zollitsch hat von der FDP-Politikerin eine Entschuldigung gefordert.
Nur wenige Tage vorher hatte er selbst sich bei den Opfern entschuldigt. Damit hatte er aber bis zur Eröffnung des Jahrestreffens der katholischen deutschen Bischöfe gewartet.
Leutheuser-Schnarrenberger hatte kritisiert, dass die katholische Kirche nicht ausreichend mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeite. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck hatte einen Tag später ergänzt, dass keine andere Institution sich vorbehalte, zunächst in Strafverfahren selbst intern zu ermitteln.
Viele Opfer haben zudem kritisiert, dass katholische Einrichtungen versucht hätten, die Vorgänge unter den Teppich zu kehren und zu vertuschen. Auch die sehr späte Entschuldigung des Bischofs Zollitsch war Gegenstand öffentlicher Kritik gewesen.
Doch nicht nur er, sondern auch sein Regensburger Amtskollege Gerhard Ludwig Müller suchen den Splitter im Auge eines Anderen, anstatt den Balken im eigenen Auge einmal selbstkritisch anzupacken. Die Marburger Brights hatten im Dezember 2009 aus verschiedenen Quellen Aussagen über einen Fall zitiert, bei dem die Diözese Regensburg ihrer Ansicht nach keine glückliche Figur gemacht hatte.
Nach Berichten des Handelsblatts, des Spiegel und bei Wikipedia soll die Regensburger Kirchenbehörde Warnungen vor einem Priester wegen dessen sexueller Neigungen in den Wind geschrieben haben. Dann sei dieser Priester erneut wegen Kindesmissbrauchs auffällig geworden.
Wegen Zitierens dieser Berichte sowie eines deutlichen Kommentars dazu erhielt der presserechtlich Verantwortliche des Marburger Blogs eine anwaltliche Abmahnung. Er sollte eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Darin wurde im Fall einer Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 5.100 Euro verlangt.
Mit der finanziellen Peitsche bedrohen Abmahn-Anwälte in Deutschland zunehmend die freie Meinungsäußerung bei Blogs, indem sie astronomische Summen für kritische Kommentare einfordern. So wurde auch der Marburger Blogger im Namen des Regensburger Bischofs aufgefordert, die Behauptungen zu unterlassen, die anderswo von renommierten Publikationen sinngemäß genauso veröffentlicht worden waren.
"Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen", sagt der Volksmund. Die katholischen Bischöfe scheinen noch nicht verstanden zu haben, dass sie die Debatte über sexuellen Missbrauch nicht mehr unter den mittlerweile Abgenutzten Teppich des Schweigens kehren können.
Fragen darf sich der unbeteiligte Betrachter aber auch, welches Verständnis der Bibel bei ihnen herrscht, dass sie mit Anwälten gegen kritische Geister losschlagen. Von christlicher Nächstenliebe ist da nicht viel zu merken. Aber die katholische Kirche ist halt nach wie vor ein hierarchischer Machtapparat.
Das Wort "Selbstgerechtigkeit" mag für die beiden Bischöfe zwar nicht unbedingt treffend erscheinen, doch kann man damit durchaus das Bild beschreiben, das die von ihnen vertretene Institution durch ihr Verhalten ausstrahlt. Vielleicht sollten sich die beiden Bischöfe dafür dann doch einmal nicht nur bei den Opfern entschuldigen, sondern auch bei denen, die sie für durchaus begründete Kritik gegeißelt haben.
Auf die Opfer mag das Vorgehen von Zollitsch und Müller absolut befremdlich wirken. Anstatt denen beizustehen, die durch kriminelles Verhalten von Vertretern ihrer Institution körperliche und psychische Schäden erlitten haben, verursachensie zusätzlich auch noch Schäden bei denen, die sich für eben diese Opfer einsetzen. Damit ergreifen die Bischöfe im Endergebnis Partei für die pädofilen Priester.
Franz-Josef Hanke
Text 3485 groß anzeigen

www.marburgnews.de

© 2017 by fjh-Journalistenbüro, D-35037 Marburg