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Ich bin ein Schlafsaal


Als blinder Entwicklungshelfer in Kenia

26.03.2008 (nur)
Mit Touren-Rucksack und Thermosflasche steigt Norbert Kather im Marburger Hauptbahnhof aus dem Zug. Er ist ein Reisender. Dass sein ständiger Begleiter ein Blindenstock ist, scheint für ihn kein Handicap zu sein. Denn Kather sieht die Welt mit anderen Augen.
Als gelernter Sozialpädagoge hat er im Medienzentrum der Blindenschule in Friedberg gearbeitet. Mit seiner fortschreitenden Erblindung begann Kather jedoch, nach eineinhalb Jahren auch an seinem Beruf zu zweifeln: "Ich habe Sozialpädagogik studiert, um mit Menschen zu arbeiten." Doch die Arbeit drehte sich im Wesentlichen um Technik.
Der Sozialarbeiter erkämpfte sich den langen Weg durch das Auswahlverfahren des "Volunteers Service Overseas" (VSO). Tatsächlich hatte Kather Erfolg: Die britische Organisation schickte ihn im Jahr 1999 als ehrenamtlichen Entwicklungshelfer nach Kenia.
In der kenianischen Stadt Kangundo hat Kather mit Hilfe von Spenden des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS) zwischenzeitlich eine sogenannte "Special Unit" aufgebaut. Darunter versteht man eine Sondereinheit für Behinderte, die an eine Regelschule angegliedert ist. In dieser Einheit lernen die Schüler nicht nur die tastbare Brailleschrift, sondern auch Englisch und Kisuaheli.
Kather selbst ist zu bescheiden, um sich mit seinen Federn zu schmücken: "Ich kann die Welt nicht verändern. Ich kann nur kleine Brötchen backen."
Ein wenig stolz ist der 50-Jährige aber schon darauf, dass man ein schuleigenes Gebäude nach ihm benannt hat: "Ich bin ein Schlafsaal in Kangundo."
In den vergangenen Jahren hat Kather ähnliche Projekte in Uganda und Ruanda unterstützt. Schwerpunkt war dabei immer die Weitergabe persönlicher Erfahrungen und Kenntnisse als Blinder sowie die Anschaffung des notwendigen Geldes.
Letztendlich hat der Entwicklungshelfer in Ostafrika nicht nur eine Aufgabe gefunden, die ihn ausfüllt, sondern in einer Kenianerin auch seine jetzige Ehefrau. Vielleicht liegt es daran, dass der Mann mit den zusammengekniffenen Augen meist weniger die Probleme als vielmehr die Chancen sieht.
Nora Reim
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