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Neuer Ehrendoktor


Fachbereich Theologie würdigte Eckhard Nagel

28.01.2010 (fjh)
"Mit dieser Ehrung versetzen Sie mich zurück in mein Kinderzimmer", erklärte Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel. Dem Transplantationsmediziner, Gesundheitsökonomen und Ethiker hat der Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität am Mittwoch (27. Januar) die Würde eines Doktors ehrenhalber verliehen.
Angehörige und Freunde des neuen Ehrendoktors waren der Einladung zum Festakt in der Alten Aula ebenso gefolgt wie Vertreter der Fachbereiche Medizin und Theologie sowie Repräsentanten von Kirche, Politik und Gesellschaft. Auch Nagels kleine Tochter und deren noch jüngere Cousine nahmen an der Feierstunde – zur Freude mancher Erwachsener – sehr lebendig und dennoch diszipliniert teil.
Der 1960 geborene Nagel ist derzeit Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizin-Management und Gesundheitswissenschaften an der Universität Bayreuth. Außerdem leitet er das Transplantationszentrum und ist Chefarzt im Bereich Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie im Klinikum Augsburg. Als Primarius der Sonder-Krankenanstalt Ederhof "Rehabilitation für Kinder und Jugendliche nach Organtransplantation" in Stronach in Osttirol sowie langjähriges Mitglied zahlreicher Gremien war Nagel beispielsweise im Nationalen Ethikrat und in der "Rürup-Kommission" aktiv. Auch im Deutschen Ethikrat ist er wieder mit von der Partie.
"Für Dich hat der Tag mehr als 24 Stunden", witzelte Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckard. "Aber Du hast noch nie jemandem erklärt, wie Du das hinkriegst."
Die Grünen-Politikerin ist Nagel durch ihre Arbeit als Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verbunden. Nagel wiederum war Präsident des Evangelischen Kirchentags 2005 in Hannover. Im Sommer 2010 wird er der evangelische Präsident des 2. Ökumenischen Kirchentags in München sein.
"Nagel gibt dem Kirchentag Stimme und Gesicht", sagte Göring-Eckard. "Und dort, wo er ist, ist er mit ganzem Herzen dabei."
Als Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer betonte Prof. Dr. Christoph Fuchs, dass Theologie wie auch Medizin kein Selbstzweck sein dürften. Die Aufgabe der Medizin sei, die Gesellschaft menschlich zu gestalten. Dazu trage Nagel bei.
Leitmotiv für seine Arbeit als Arzt, im Ethikrat und in anderen Funktionen sei immer seine christliche Grundüberzeugung, lobte Dekan Prof. Dr. Dietrich Korsch den Promovenden. Diese Haltung ehre der Fachbereich mit der Würde eines Ehrendoktors.
Nagels Grundverständnis erläuterte der Marburger Theologe Prof. Dr. Peter Dabrock anschließend: Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehe immer der Mensch. Ihm wende Nagel seine gesamte Aufmerksamkeit und Anteilnahme zu.
Ausdruck dieser Überzeugung seien sein Minderheitsvotum im Deutschen Ethikrat zu Babyklappen ebenso wie seine Einstellung zu Rationierung oder Priorisierung medizinischer Leistungen.
Dabrock unterstrich, wie sehr Nagel durch sein vielfältiges Engagement modernen Glauben lebe: "Seine Akzentuierung reflektierter Glaubensverantwortung in der Gesellschaft - besonders in vielen schwierigen Fragen des Medizin-Systems - zeichnet Eckhard Nagel in besonderer Weise aus."
Direkt nach der Überreichung der Urkunde sprach Nagel unter dem Titel "Glaube - Liebe - Hoffnung" über seine Einstellung zum Leben, zu seiner ärztlichen Arbeit und seiner christlichen Überzeugung. Insbesondere die Hoffnung sei eine Lebensdimension, die ihn als Arzt herausfordere.
Bei schweren Erkrankungen suchten die Patienten nach jedem Hoffnungs-Strohhalm, während Ärzte einerseits Hoffnung wahren und vermitteln, aber andererseits auch ihre Grenzen akzeptieren müssten.
Diese Überlegungen machte Nagel mit der Schilderung eines Falls aus seiner ärztlichen Praxis sehr anschaulich. Mit dem lebensgefährlich erkrankten Patienten habe er gezittert, gehofft und geweint.
"Gott ist auch da, um mit uns zu trauern", erklärte Nagel. Angesichts der Shoa und der vielen Kriege weltweit sei es auch für gläubige Christen nicht immer leicht, an Gott nicht zu verzweifeln. Doch gerade in der Hoffnung liege die besondere Kraft des Glaubens.
Die Ehrenpromotion mache ihn stolz und verlegen zugleich, erklärte Nagel. Seine Berufswahl habe er bereits im Kindesalter getroffen, nachdem er sich mit Vorbildern wie Albert Schweitzer auseinandergesetzt hatte.
In der Ökumene riet Nagel zu Respekt und Geduld. Das Abendmahl sei etwas sehr Persönliches bei der Ausfüllung des Glaubens, es dürfe keinesfalls funktionalisiert werden!
Deswegen müsse man akzeptieren, dass die Zeit noch nicht reif sei für ein gemeinsames Abendmahl. Wer dieses Symbol gemeinsamen Christentums erzwingen wolle, der übergehe damit die Befindlichkeiten der zaudernden Brüder und Schwestern und schade damit der Ökumene.
Allerdings werde es beim Ökumenischen Kirchentag in München einen großen Tisch geben, der zu gemeinsamen Mahlzeiten einlädt. Dieser Tisch sei das Symbol der Gemeinsamkeit, der Hinwendung zum Nächsten und der Freude am menschlichen Miteinander.
Nicht zufällig schloss der bekennende Christ seine Ausführungen mit einem Gebet. Darin drückte er seine Hoffnung aus, dass Gott die Zukunft schon gut gestalten werde.
Franz-Josef Hanke
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