22.12.2009 (chr)
Weihnachtsfeiern im Altersheim sind selten ein wirklich buntes Spektakel. Doch das galt nicht beim Theaterduo "Compagnia Buffo".
Kascha B. und Willi Lieverscheidt funktionierten am Montag (21. Dezember) die Waggonhalle kurzerhand zum Altersheim und die Zuschauer zu dessen Bewohnern um. Das Duo selbst erklärte sich als Frau Pieper und Herr Bachmann für die diesjährige "Weihnachtsfeier der etwas anderen Art" zuständig.
Dafür hatten die beiden die Bühne ganz besonders festlich dekoriert. Mit roten Samtvorhängen, allerlei Nippes und Krippenfiguren stimmten sie die Gäste auf das kommende Fest ein.
"Wir fangen jetzt an", sagte Bachmann. Der Mann mit den strähnigen Haaren und der Baskenmütze verkleidete sich zunächst als Weihnachtsmann.
Während Bachmann Plätzchen an das Publikum verteilte, erklärte er hochtrabend den wahren Grund für Weihnachten: "Maria und Josef sind aus dem Paradies geflogen; und die Maria hat in 'ne Schlange gebissen."
Schnell merkten die Altersheim-Bewohner, dass auf dieser Weihnachtsfeier nichts heilig war. Was Compagnia Buffo dazu ablieferte, war eine atemlose, zweistündige Nummern-Revue irgendwo zwischen Comedy, Kleinkunst und Kabarett.
"Ihr Kinderlein kommet" wurde mit dem Publikum als Orchester improvisiert. Dann wieder gab es ein Schattenspiel zu bewundern.
Ein lebendes Kasperltheater empfahl Retortenbabys als Geschenk. Maria war in einem Einakter zur Weihnachtsgeschichte ein Dummchen mit Silberblick.
Wie das Duo scheinbar Altbekanntes neu interpretierte, erinnerte etwas an die klamaukigen Bühnenprogramme des jungen Otto Waalkes. Dabei konnte der Zuschauer zwischendurch immer wieder Luft holen, wenn die beiden Protagonisten ihre eigenen Nummern reflektierten.
Kleine Patzer machten das ganze noch authentischer. Manchmal wusste das Publikum gar nicht, was tatsächlich Absicht war, so routiniert war das Spiel im Spiel.
Lieverscheidt und seine Partnerin konnten dank ihrer Rollen wunderbar albern und überdreht agieren, ohne zu aufdringlich zu wirken. Dass der Zuschauer allerdings nicht nur gut gemachten Slapstick, sondern höhere Kleinkunst zu sehen bekam, zeigte sich spätestens nach der Pause.
"Der Hund ist uns zugelaufen", hielt Bachmann einen Dackel im Arm. Doch wohin mit dem Tier?
Pieper wollte nur mal mit ihm spielen. Plötzlich sprang der Hund durch Reifen, machte Männchen und schob einen Kinderwagen.
Anschließend spielte Bachmann auf gefüllten Weingläsern "Leise rieselt der Schnee" oder brillierte als Zauberkünstler mit Röhre und Weinglas. Derlei Kunststücke hatte der Zuschauer womöglich schon einmal anderswo gesehen.
Die wahre Kunst des Duos bestand jedoch darin, immer das zu tun, womit der Zuschauer am wenigsten rechnete. Beispielsweise wurde in all dem Klamauk die Stimmung mit einem Schattenspiel zu Janoschs Geschichte "Der Vogel und der Bär" auf einmal nachdenklich.
Die Weihnachtsgeschichte machten Bachmann und Pieper zum dadaistischen Stück. Da kicherten selbst gestandene Erwachsene wie kleine Kinder.
"Jetzt ist fertig; jetzt könnt ihr auf euer Zimmer gehen", konstatierte Bachmann am Ende trocken. Doch die Zuschauer blieben gerne für eine Zugabe sitzen. So überdreht und besinnlich, so albern und kunstvoll haben sich die meisten sicher selten auf Weihnachten einstimmen lassen.
Christian Haas
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