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Glaubenswandel und heiße Positionen


Manfred Lütz sprach im Hörsaalgebäude über Gott und die Welt

09.12.2009 (chr)
So voll wie sonst zu keiner Vorlesung war es am Dienstag (8. Dezember) im Hörsaal 5 des Hörsaalgebäudes. Sogar stehend lauschten über 100 Menschen dem Vortrag des Theologen Dr. Manfred Lütz.
Mitgebracht hatte der bekennende Christ sein Buch "Gott – eine kleine Geschichte des Größten". Trotzdem war sein Vortrag keine eigentliche Lesung. Stattdessen fasste Lütz jedes Kapitel kurz zusammen.
Existiert Gott oder existiert er nicht? Diese Frage steht für Lütz hinter allen wissenschaftlichen und theologischen Debatten der Gegenwart.
Selbstverständlich hat Lütz als Christ für sich die Antwort auf diese Frage schon gefunden. Spannend war allerdings seine Argumentation.
Lütz fragte dabei nach nicht weniger als dem Sinn des Lebens. Er erzählte von Werten, der Wahrheit und dem Glück.
Dabei brachte er das Kunststück fertig, diese hochphilosophischen Themen in kleinen alltäglichen Anekdoten leicht verständlich zu beleuchten, ohne ins Oberflächliche abzugleiten. Heutzutage glaubten viele Menschen an die Machbarkeit des Glücks, skandierte er zu Anfang.
Das zeige schon die Tatsache, dass statistisch auf jeden Menschen etwa 17 Ratgeber-Bücher kommen. Den angeblichen Erkenntnis-Wert dieser Bücher entlarvte Lütz sogleich.
"Wenn ich Sie hier so sitzen sehe, brauchen Sie alle einen Rücken-Ratgeber", erklärte er. "Ich sage Ihnen: Wenn Sie weiter so dasitzen, sterben Sie wahrscheinlich eines Tages!"
Demnächst werde es auch "Ratgeber für Nasenbohren geben, damit sich die Leute im Nasenloch keine Arterie verletzen", setzte er ins Gelächter des Publikums nach. Gekonnt kritisierte er damit die heutige Haltung, den Tod nur noch zu verdrängen.
Wer sich eingestehe, dass das Leben einmal ende, lebe bewusster, lautete seine Botschaft. "Nichts kann man im Leben wiederholen, keinen einzelnen Moment".
Diese Aussage sorgte für nachdenkliche Stille im Saal. Dann führte Lütz das Publikum zu seiner entscheidenden Frage.
"Wenn nach dem Tod alles aus ist, welchen Sinn hat dann Moral?" Anhand namhafter Philosophen wie Immanuel Kant und Ludwig Feuerbach erläuterte der Theologe seine Position, dass Atheismus nicht die einzige Perspektive des Lebens sein könne.
Dabei zitierte er nie einseitig nur theologische oder christliche Sichtweisen, sondern ließ immer wieder andere Positionen zu Wort kommen. Leider war er manchmal aber zu schnell, was eine Verarbeitung seitens der Zuhörer erschwerte.
Lütz ist allerdings keiner, der anderen seinen Glauben aufzwingen will. Trotzdem hält er ihn für eine notwendige Perspektive auf das Leben.
"Es gibt auch die chemische Perspektive des Menschen", erklärte er dazu. Chemisch sei der Mensch etwa 60 Cent wert, da er hauptsächlich aus Wasser bestehe.
"Aber ich habe meine Frau nicht unter chemischer Perspektive geheiratet", gestand er augenzwinkernd.
Lütz erklärte ebenso, warum er Evolution und Schöpfungsglauben für vereinbar hält. An vielen Beispielen machte er deutlich, dass für ihn das Göttliche in allen Bereichen der Welt zu finden sei.
Mit dieser Art, seinen Glauben selbstkritisch und humorvoll in der Öffentlichkeit zu vertreten, dürfte Lütz an diesem Abend jeden Anwesenden zum Nachdenken gebracht haben. Ganz egal dürfte dabei sein, wie jeder für sich die Frage nach der Existenz Gottes beantwortet.
Christian Haas
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