01.12.2009 (chr)
Für Begeisterungsrufe und leuchtende Kinderaugen sorgte am Dienstag (1. Dezember) die Aufführung des Theaterstücks "Hinter verzauberten Fenstern" in der Stadthalle. Das
Hessische Landestheater (HLTh) zeigte eine Bühnenfassung der gleichnamigen Geschichte von Cornelia Funke.
Es ist Anfang Dezember. Julia Schulze und ihr kleiner Bruder Olli warten gespannt auf ihre Mutter.
Sie ist einkaufen und hat versprochen, beiden einen Adventskalender mitzubringen.
Julia ist jedoch bitter enttäuscht, als ihr ihre Mutter keinen Schokoladen-Adventskalender, sondern nur einen aus Papier "mit so blöden Bildern" mitbringt. Das alte Haus mit den 24 Fenstern darauf sieht auch zunächst eher langweilig aus.
Doch dann stellt Julia fest, dass in dem Haus hinter den Fenstern seltsame Dinge vor sich gehen. Warum hängt der Mantel plötzlich nicht mehr in der Rumpelkammer im ersten Türchen? Wo kommt stattdessen die Jacke her?
Heimlich sieht sich Julia nachts ein Zimmer genauer an. Plötzlich steht sie mitten in einem Raum voller Luftschiffe.
Hier trifft Julia den Erfinder Jakobus Jammernich. Er erklärt ihr, dass sie der erste Gast seit vielen Jahren im "Land der Kalenderhäuser" sei.
Schnell freunden die beiden sich an. Damit beginnen für Julia Tage voller Abenteuer.
Jakobus stellt sie nicht nur dem König des Landes, sondern auch den anderen Hausbewohnern vor. Hier leben der faule Heinzelmann Barney, die Elfe Melissa, der stumme Riese Riesig und der hässliche Harry.
Diese Figuren sorgten durch ihre Skurrilität für viele Lacher: Barney ist nicht fleißig, sondern faul und ständig müde.
Riesig ist alt und inzwischen nicht mehr so stark wie früher, "aber zum Bäume ausreißen reicht es immer noch". Königssohn Harry schließlich sieht mit seinen riesigen Ohren einfach nur lächerlich aus.
Julia ist bei ihnen herzlich willkommen. Immer öfter geht sie deshalb von zu Hause aus in die geheimnisvolle Welt hinter den Fenstern.
Doch hier ist nicht alles schön. Der gemeine Fürst Leo hält den König an der kurzen Leine.
Er will nämlich selber König werden und alle Kalenderhäuser durch solche mit Schokolade ersetzen. Das muss Julia erfahren, als ein unsichtbarer Bote des Fürsten sie in die wirkliche Welt verfolgt und ihr droht.
Sie solle sich nie wieder blicken lassen und Leos Pläne durchkreuzen. Leo schreckt sogar nicht davor zurück, den Sohn des Königs zu entführen.
Julia jedoch lässt sich nicht einschüchtern. Gemeinsam mit ihrem Bruder Olli geht sie in die Zauberwelt, um Prinz Harry zu befreien.
Die Zuschauer konnten - wie ihre Heldin - voll und ganz in die Zauberwelt eintauchen. Das lag nicht zuletzt an dem grandiosen Bühnenbild von Georg Burger.
Ob nun Julia und Jakobus in einem Heißluft-Ballon fahren oder die Bewohner für Julia eine riesige Torte backen: Nach jedem Szenenwechsel entlockte die liebevoll ausgestaltete Szenerie den kleinen Zuschauern viele erstaunte "Ohs" und "Ahs".
Doch auch die Schauspieler sorgten dafür, dass die Geschichte auf der Bühne lebendig wurde. Sie verkörperten ihre Figuren mit soviel Hingabe, als wären sie tatsächlich vorhanden.
Anne Margarete Greis und Michael Köckritz lieferten sich als Julia und Olli herrliche geschwisterliche Wortgefechte. Sascha Oliver Bauer zeigte als Jakobus die ganze Bandbreite seines stimmlichen Könnens.
Thomas Streibig watschelte als tattriger König über die Bühne. Perfekt getimte Slapstick-Einlagen rundeten das Spiel ab.
Für Stimmung im Saal sorgte auch die rockige Musik in den Zwischensequenzen. Den Rhythmus klatschten alle begeistert mit.
Dadurch verwandelte sich die Bühne in ein unbeschreibliches Panoptikum der Fantasie. In jeder Szene gab es soviel zu sehen und zu hören, dass unmöglich alles mit einem Mal erfasst werden konnte.
Regisseur David Gerlach bescherte mit seiner ideenreichen Inszenierung seinen Zuschauern ein wunderbares vorweihnachtliches Theater-Erlebnis. Vor allem deshalb riefen wohl etwa 70 junge Kehlen am Ende begeistert "Zugabe!".
Christian Haas
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