27.11.2009 (mim)
"Was hat Klimaschutz mit Gerechtigkeit zu tun?" Diese Frage wollte Tilman Santarius von der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin am Donnerstag (26. November) im Hörsaalgebäude der
Philipps-Universität im Rahmen der Ringvorlesung "Die Welt im Wandel" beantworten.
Santarius setzte den Schwerpunkt während seines Vortrags vor allem auf die durch den Klimawandel benachteiligten Entwicklungsländer und erläuterte den Greenhouse-Development-Rights-Ansatz (GDR). "Die derzeitige weltweite Klimapolitik entspricht nicht den drängenden Aufgaben", sagte er. "Die Treibhausgas-Emissionen nehmen weiterhin global zu. Schaffen wir es nicht, uns an die offizielle zwei-Grad-Grenze zu halten, so sieht es in Zukunft schlecht für uns aus."
Basierend auf dieser Tatsache, kam Santarius nicht nur auf das Schmelzen der Polkappen und das damit verbundene Ansteigen des Wasserspiegels zu sprechen. Er erläuterte auch andere fatale Folgen: In den Tropen und Subtropen werde es nicht nur zu Problemen in der Landwirtschaft kommen.
Krankheiten wie beispielsweise Malaria werden sich besser ausbreiten können. Die Zahl der Malaria-Erkrankungen wird Schätzungen zufolge im Jahr 2050 um erneute 180 bis 250 Millionen Fälle steigen.
Die Länder des Südens werden somit die Folgen des Klimawandels tragen müssen, nicht jedoch die eigentlichen Verursacher des Klimawandels. Berechnungen zufolge sind eindeutig die Industrieländer die Haupt-Verursacher.
So emittiert beispielsweise der Durchschnitts-Amerikaner pro Kopf und pro Jahr 20 Tonnen Kohlenstoff. "Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass während eines Fluges von Deutschland nach Australien 12 Tonnen Kohlenstoff in die Luft geblasen werden“, sagte Santarius. Die Bewohner der am wenigsten entwickelten Länder der Welt kommen pro Kopf im Jahr lediglich auf eine Tonne, wenn nicht sogar auf weniger.
Um diese schwerwiegenden Folgen zu verringern, schlägt der Greenhouse-Development-Rights-Ansatz Maßnahmen vor, die von der jetzigen Klimapolitik abweichen. Dementsprechend sollten die Industrieländer Verantwortung für den von ihnen verursachten Klimawandel tragen und den Entwicklungsländern unter die Arme greifen. Länder, die sich unterhalb einer bestimmten Einkommens-Beteiligungsgrenze befinden, müssten keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ihnen sollte man laut Santarius besser die "Möglichkeit überlassen, sich zu entwickeln und die Armut zu bekämpfen".
Sein interessanter und informativer Vortrag wurde mit einer Diskussionsrunde abgerundet. Das Publikum, das hauptsächlich und mit wenigen Ausnahmen aus Studentinnen und Studenten bestand, beäugte kritisch den GDR und stellte motiviert Fragen rund ums Thema. Die große Beteiligung vor allem junger Menschen ließ trotz harter Zahlen und Fakten ein wenig Hoffnung und Zuversicht aufkommen.
Mira Minges
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