12.11.2009 (fjh)
Eine gelungene Mischung aus Neuem und Bekanntem bot das Istanbul Symphony Orchestra am Mittwoch (11. November) in der Stadthalle. Neben einer Eigenkomposition brachte der Dirigent Betin Günes zwei bekannte Werke der westeuropäischen Klassischen Musik zu Gehör.
"Azeri" hatte Günes sein Stück betitelt, mit dem das Orchester den Abend schwungvoll eröffnete. Anleihen an die orientalische Volksmusik seiner türkischen Heimat waren dabei ebenso unüberhörbar wie die musikalischen Einflüsse westeuropäischer Komponisten aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Kraftvoll und melodisch füllte diese farbenprächtig wirkende Musik die beinahe vollbesetzte Stadthalle. Sie kam daher wie ein frischer freundlicher Gruß vom Bosporus, für den sich das Publikum begeistert bedankte.
Mit dem Klavierkonzert Nummer 1 in B-Moll von Peter Iljitsch Tschaikowsky bewies Ilya Rashkowsky anschließend seine Klasse als Pianist. Tschaikowskys bekanntes Opus 23 brachte der 25-jährige Solist am Klavier auf wahrhaft begnadete Weise zum Klingen. Herrschte zu Beginn noch eine geringfügige Asynchronizität zwischen ihm und dem Orchester, so näherten sich alle Beteiligten schnell aneinander an.
Unglaublich geschwind ließ Rashkowsky seine Finger über die Tasten gleiten, um seine überaus schwierige Partitur zugleich mit tief empfundenem Gefühl zu füllen. Hier war ein junger Meister am Werk, der sich bei seinem Spiel ganz dem Werk des Komponisten hingab.
Mit zwei Zugaben zeigte Rashkowsky dem begeisterten Publikum vor der Pause seine Virtuosität auf dem Konzertflügel. Die Besucherinnen und Besucher der Stadthalle dankten es ihm zu Recht mit lautem und langanhaltendem Applaus.
Die Sinfonie Nummer 4 in e–moll mit der opus-Nummer 98 von Johannes Brahms stand nach der Pause auf dem Konzertprogramm. Wieder zeigte das Orchester seine Stärken besonders bei den lauten und kräftigen Passagen. Günes scheint dieses kraftvolle Spiel sehr zu lieben, wenngleich das Orchester natürlich auch die leisen Töne überzeugend in Szene zu setzen wusste.
Als Zugabe spielte Günes zum Abschluss den vierten und letzten Satz der Orchester-Suite "Inspiration" des türkischen Komponisten Ferit Türsün. Auch hier waren westliche Einflüsse mit orientalischen Klängen unterfüttert und zu einem gelungenen Ganzen verschmolzen. Fast glaubte man, das lebendige Gewimmel in den Gassen und Basaren Istanbuls aus dieser Musik heraushören zu können.
Zu diesem Abend und der Einladung an das Istanbul Symphony Orchestra kann man dem
Marburger Konzertverein (MKV) nur gratulieren. Damit ist ihm eine wohlklingende Verbindung von Orient und abendländischer Klassik geglückt.
Die Einladung an Ilya Rashkowsky war ein ebenso großer Glücksgriff. Von diesem jungen Virtuosen am Klavier wird die musikbegeisterte Welt ganz bestimmt noch viel Gutes zu hören bekommen. Zu wünschen bleibt nur, dass er auch wieder nach Marburg kommen und die Stammgäste des Konzertvereins an seiner weiteren Entwicklung teilhaben lassen wird.
Franz-Josef Hanke
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