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Das geheime Dossier


Finnischer Autor verbindet Thrill mit Humor

30.10.2009 (jnl)
Auch der krönende Abschluss des Marburger Krimi-Festivals 2009 führte wieder nach Skandinavien. Der finnische Schriftsteller Taavi Soininvaara las am Donnerstag (29. Oktober) im Kulturladen kfz aus seinem neu auf Deutsch erschienenen Kriminalroman "Der Finne".
Rund 50 Zuhörer hatten sich eingefunden, um einen spannenden Ausflug in die finnisch-russische Geschichte zu erleben. Bis in die Gegenwart braucht Finnland viel Diplomatie, um mit seinem mächtigen östlichen Nachbarstaat auszukommen. Der geschichtsbegeisterte Autor hat dazu einen atmospärisch gut recherchierten, fiktiven Krimi-Plot erfunden.
Ein verstecktes Geheimpapier aus der Vergangenheit könnte bei einer Veröffentlichung den russischen Staat in eine schwere Rechtfertigungs-Krise bringen. Der russische Geheimdienst KGB versucht daher, dessen Aufdecken mit aller tödlichen Konsequenz zu verhindern.
Im sechsten Roman der Reihe um den Kriminalkommissar Arto Ratamo geht es also nicht um geisteskranke Serienmörder, sondern um höchste nationale Belange. Der arbeitssüchtige alleinerziehende Vater einer zwölfjährigen Tochter wird dabei aus seinem wohlverdienten Jahresurlaub gerissen. Gemeinsam mit einem kleinen Team geht er auf eine gefährliche Such-Expedition in den Norden Finnlands und weiter nach Russland hinein.
Bei diesem stark plot-orientierten Thriller schwebte die Lesung logischerweise in der Gefahr, den Zuhörern zu viel zu verraten und damit den Nervenkitzel zu verderben. Daher beschränkten die beiden Akteure auf dem Podium sich auf mehrere kurze Kostproben aus den Anfangskapiteln.
Als Schauplätze des Geschehens kamen Helsinki, London und Moskau zum Zuge. Die drei kurzen Passagen, die Soininvaara auf Finnisch vorlas, verstanden nur weniger als ein Zehntel der Anwesenden. Mit einer schönen, sonoren Stimme legte der 43-jährige Autor dabei ein hohes Sprechtempo vor. Die vier Ausschnitte aus der deutschen Ausgabe las der Marburger Buchhändler Michael Wolff mit verblüffend gekonnter Intonierung und Rhythmik.
Während der Fragerunde des Publikums kamen wieder die üblichen Neugier-Aspekte zum Tragen. Das Krimi-Schreiben ergab sich laut Autor einfach daraus, dass die Alternativen in seinem muttersprachlichen Bücher-Markt angesichts des nur fünf Millionen zählenden finnischen Volks ökonomisch nicht tragen.
Soininvaara war übrigens zuvor ein beruflich erfolgreicher Jurist gewesen, bevor er sich vor zehn Jahren konsequent seinem alten Traum vom Schriftstellerberuf zuwandte. Der Reiz des Metiers liegt seiner Aussage nach darin, dass man als Anwalt bis zur Erschöpfung fremdbestimmt arbeite, dagegen als Schriftsteller bei sich selber sei.
Wenig überraschend gab er an, keine "Vorbilder" oder Idole unter seinen Krimi-Kollegen und -Vorgängern zu haben. Er stamme übrigens aus der Grenzregion zu Russland und habe in seiner Jugend viel "kleinen Grenzverkehr" erlebt.
Im Gespräch stellte sich heraus, dass auf Finnisch sowohl der siebte und abschließende Band der launigen Ratamo-Reihe als auch schon ein erster Band einer neuen Reihe herausgekommen ist. Das kommt dann wohl im nächsten Jahr auch auf dem deutschen Markt an.
Der souverän wirkende, gut Deutsch verstehende - aber lieber Englisch parlierende - Autor zeigte einiges an Humor und war ein würdiger "Nachschlag" zum diesjährigen Marburger Krimi-Festival.
Jürgen Neitzel
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