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Ach hej


Oliver Bottini überzeugte mit grandiosem neuen Krimi

08.10.2009 (jnl)
Mit Oliver Bottini kam am Mittwoch (7. Oktober) ein zweimaliger Preisträger des Deutschen Krimi-Preises nach Marburg. Im Rahmen des wiederum hochkarätig besetzten Marburger Krimi-Festivals stellte der Münchner im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) seinen aktuellen Roman "Jäger in der Nacht" vor.
Der sportlich fit wirkende 44-jährige Autor in Jeans und Seidenhemd erwies sich als großartiger Vorleser mit sonorer Stimme. In drei geschickt gewählten Passagen präsentierte er sich als Meister der Milieu-Schilderung, als humoriger Erfinder einer facettenreichen Protagonistin sowie als Erschaffer thrillender Spannung.
Mit einer glänzend ausgefeilten Charakterstudie über den Bewusstseinsstrom geschlagener und seitdem selbst bedenkenlos gewaltgeneigter Jugendlicher eröffnete der Autor die Lesung. Präzise schildert er in seinem Kriminalroman das zwischen Selbsthass, Fluchtbewegung und Brutalität ständig schwankende Ich eines 15-jährigen Verwahrlosten. Die schwache Mutter und der bösartig prügelnde Vater haben in ihm kein Verständnis für Schwäche, sondern nur Mitleidslosigkeit übrig gelassen. Wo er eine Chance sieht, seinen schäbigen Vorteil zu nutzen, tut er es ohne Skrupel.
Der Zufall will es, dass ein derartiger Jugendlicher in einem Schuppen am Stadtrand auf eine hilflose, misshandelte junge Frau stößt. Kalt überlegt er, dass er diese Lage sicher straflos ausnützen könne. Doch es kommt dann unerwartet anders.
Der Autor schilderte in der Fragerunde, dass er diesmal den Topos "Gewalt gegen Frauen" zum zentralen Motiv seiner Roman-Erzählung gemacht habe. Oft seien solche Konfliktthemen für ihn Ausgangspunkt, Feldforschung mit schriftstellerischen Mitteln zu betreiben.
Zuvor gelang es ihm im zweiten Teil der Lesung, mit einer atmosphärisch sehr liebevoll gezeichneten Vorstellung der Romanheldin die zahlreich anwesenden Fans seiner Kriminalerin "Louise Boni" zu becircen. Aus den fließenden Gedanken und Beobachtungen der Protagonistin entstand ein einnehmend dichtes Porträt einer spannenden Frau.
Wie sie in Aktion bei der Durchsuchung eines möglichen Tatorts innerlich zwischen Mut, Angst und Initiativdrang pendelt, entfaltete einen bemerkenswerten Sog. Bottinis Spannungs-Dramaturgie ist derart eindrucksvoll, dass seine Krimi-Preise nicht wunders nehmen.
Wieso er als Mann eine weibliche Heldin gewählt habe, wurde Bottini gefragt. Nun, die Zahl der männlichen Krimi-Helden sei Legion. Da bliebe kaum Platz, eine nicht schon dagewesene Variante zu erschaffen.
Seine Figur sehr genau zu kennen und auszuloten, darauf komme es an. Und mit der wirklich sehr vielschichtig angelegten Protagonistin Boni sei er noch längst nicht am Ende. Zwei oder drei weitere Romane in dieser Reihe könne er sich gegenwärtig noch vorstellen.
Warum spielen seine Romane in Freiburg? Er habe eine Stadt gewollt, die er zuvor gar nicht kannte, wo ihm nicht wie in München, wo er aufwuchs, an jeder Ecke die eigenen Erlebnisse anspringen.
Mit sympathischer Souveränität und Bescheidenheit gab der Autor Auskunft über sein schriftstellerisches Woher und Wohin, bis die rund 30 Besucher genug hatten und nach dem Signieren ihrer Bücher den Heimweg antraten.
Oliver Bottini wird vermutlich in absehbarer Zeit erneut in Marburg vorbeikommen, denn die Zahl seiner Fans dürfte auch mit "Jäger in der Nacht" weiter wachsen.
Jürgen Neitzel
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