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Theaterwoche eröffnet


Schaf sucht seinen Namen

09.03.2008 (fjh)
Mit einem fulminanten Start wurde am Sonntag (9. März) im Theater am Schwanhof (TaSch 2) die 13. Hessische Kinder- und Jugendtheaterwoche "Theater sehen, Theater spielen" eröffnet. Mit dem Musiktheater-Stück "Schaf" von Sophie Kassies nach einem Konzept von Flora Verbrugge gastierte "Schnawwl" gemeinsam mit der Jungen Oper am Nationaltheater Mannheim im TaSch 2.
Das Erlebnis begann bereits vor Beginn der Aufführung im Foyer. Merkwürdig verkleidete Gestalten in unterschiedlichsten Farben tippten die wartenden Theaterbesucher an, zupften an ihren Ärmeln oder rückten ihnen ganz dicht auf die Pelle. Dann bewegten sie sich durch die Menge ganz langsam hinein in den kleinen Saal.
Dort war der gesamte Fußboden von vorne bis hinten mit einem Kunstrasen ausgelegt. Es roch nach Erde und Gras. Ein Holzscheit und ein Holzstapel deuteten an, dass das folgende Stück in der Natur spielen sollte.
Bevor aber die Handlung beginnen konnte, mussten erst einmal die obligatorischen Eröffnungsreden stattfinden. Auch in diesem Jahr qälten die Veranstalter das erwartungsfrohe Publikum wieder mit fünf verschiedenen Rednern.
Nach einer sehr kurzen Eröffnungsrede des Intendanten Ekkehard Dennewitz sprach Staatssekretär Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Ein paar Worte zur Begrüßung. Als er nach einigen Minuten auf die politische Situation in Hessen zu sprechen kam und das Grün der Wiese sowie das Gelb an einigen Stellen im Bühnenbild von Christian Thurm für eine Koalitionsaussage bemühte, da näherte sich seine dritte Wunschfarbe in Gestalt von mehreren schwarz gekleideten Gestalten. Immer näher rückten sie ihm auf die Pelle und legten ihm schließlich sogar die Hand auf die Schulter, woraufhin er seine Rede unter lautem Gelächter des Publikums blitzschnell beendete.
Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach und Erster Kreisbeigeordneter Dr. Karsten McGovern hielten ihre Redezeit daraufhin punktgenau ein. Schulamtsdirektor Gerhard Müller hingegen machte ebenfalls die Bekanntschaft der dreuenden Gestalten, als er langatmig über den pädagogischen Wert der Veranstaltung schwadronierte.
Trotz aller Kürze seiner Rede begleiteten die Figuren schließlich auch Jürgen Bandte vom Freundeskreis des Hessischen Landestheaters von der Bühne. Dieses Fleisch gewordene Zeit-Management möchte man sich auch für manch andere Veranstaltung ebenso wünschen. Es handelte sich um Mitspieler des Theaterclubs "Act Easy", der in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert.
Nach der feierlichen Eröffnugn betraten dan endlich die Schauspieler die Bühne. Sie gingen durch das Publikum und befragten die anwesenden Kinder, aber auch einige Erwachsene, nach ihren Namen: "Wie heißt Du?" und "Wie heißen Sie da hinten in der letzten Reihe mit der Brille?"
Dann verteilten sie sich auf der Bühne. "Mäh" und "Mäh" oder "Mäh" ertönte es bald hier, bald dort.
Ein vornehm gewandeter Mann betrat die Wiese. Er wirkte jedoch wenig selbstsicher, sondern eher gehetzt. Es war Lorenzo, der vor seiner Verantwortung flüchtete.
"Ich kann das nicht", erklärte er. Er sei ein Prinz, könne aber die Krone nicht aufsetzen. "Dann gucken mich immer alle an."
Ein Schaf hatte Verständnis für ihn. Er vergrub seine Krone. Und verabschiedete sich dann, um weiter zu eilen. Vorher fragte er das Schaf allerdings nach seinem Namen.
"Schaf" antwortete der neue Freund. Doch "Schaf" waren hier auf der Wiese alle. Keines der Tiere hatte einen Namen.
So machte sich "Schaf" auf die Suche nach einem Namen. Es ging zum Stadttor, zum Fluss, zum Kloster und schließlich wieder zurück auf seine Wiese. Dort endlich besaß es den lange verdienten Namen. Doch zwischenzeitlich hatte "Schaf" einiges gelernt über die Menschen, Freundschaft und Unfreundlichkeit sowie über das Leben.
Ein ganz nettes Stück hatte "Schnawwl" Da in Szene gesetzt. Zwei Schauspieler, zwei Sängerinnen und zwei Musiker haben es granbdios umgesetzt. Die Inszenierung von Andrea Gronemeyer beeindruckte durch einfühlsames und witziges Spiel ebenso wie vor allem durch die Leistungen der beteiligten Darsteller.
Angelika Baumgartner als "Schaf" und Uwe Topmann als Lorenzo, als plattdütsch snakender Fährmann oder als Torwächter Wunnibert gläntzen genauso wie die Sängerinnen Anne-May Krüger (Mezzosopran) und vor allem die Sopranistin Candace Zaiden. Aber auch Marie-Theres Justus-Roth am Cembalo und Gregor Herrmann am Cello beschärnkten sich keineswegs auf das musikalische Spiel. Wie die Sängerinnen, übernahmen auch sie ebenfalls darstellerische Rollen in der Schafherde.
Die Barock- und Renaissance-Musik beispielsweise von Henry Percel und Antonio Vivaldi war mit witzigen Texten vertont. Unter der musikalischen Leitung von Marie-Theres Justus-Roth kam gerade das hervorragend an.
Begeisterter Applaus und "Bravo"-Rufe des - überwiegend erwachsenen - Publikums waren am Ende die wohlverdiente Antwort. Den sechs Darstellern ist es auf überraschende und heitere Weise gelungen, klassische Musik selbst schon den Kleinsten ab fünf Jahren nahezubringen.
Franz-Josef Hanke
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