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Koalitionskrach


SPD weist Kritik der Grünen zurück

03.10.2009 (ms)
Nachdem sich die Grünen öffentlich über Misshelligkeiten in der Koalition beklagt hatten, wäscht nun auch die SPD schmutzige Wäsche. In einer sehr ausführlichen Stellungnahme hat der Vorstand des SPD-Stadtverbands Marburg am Samstag (3. Oktober) seine Sicht der Dinge dargestellt.
Grünen-Fraktionsvorsitzender Dietmar Göttling hatte am Donnerstag (1. Oktober) erklärt, dass "Teile der SPD" sich nicht an getroffene Absprachen halten und damit die rot-grüne Koalition in Marburg in Frage stellen. Zudem falle die SPD ihrem Oberbürgermeister Egon Vaupel in den Rücken.
Die Marburger SPD zeigte sich verwundert, dass ihr grüner Koalitionspartner das Thema "Verlässlichkeit in der Koalition" in dieser Weise in die Öffentlichkeit getragen hat. Aus Sicht der SPD sind es die Grünen, die in den vergangenen Wochen und Monaten "immer wieder getroffene Absprachen in Zweifel ziehen und Entscheidungen verzögern". Deshalb müssten sich die Grünen fragen lassen, ob nicht vielmehr sie selbst die Koalition gefährden und das lediglich der SPD in die Schuhe schieben wollen.
Nach monatelangem Stillstand in den Verhandlungen über die Zukunft der Marburger Altenhilfe Sankt Jakob hat der Aufsichtsrat im Mai einen Beschluss gefasst, der auf den sogenannten "Krekel-Papieren" aufsetzt. Diese Papiere formulieren eine Kompromisslinie, die in die Beratungen des Aufsichtsrats der Marburger Altenhilfe eingebracht wurde.
Damit sei überhaupt erst einmal wieder Bewegung in die festgefahrene Situation gekommen, meint die SPD. In den Beratungen des Aufsichtsrats wurde dies dann - aus Sicht der Grünen - zu ihren Ungunsten verändert. Die SPD hat deshalb toleriert, dass sich das grüne Aufsichtsratsmitglied Matthias Knoche in der Abstimmung des Gremiums enthalten hat. An der Entscheidungsfindung hingegen war er beteiligt.
Es seien deshalb die Grünen, die jetzt die Entscheidung der Marburger Altenhilfe missachteten und auf Biegen und Brechen ihre Vorstellung durchsetzen wollten. Jenseits von gebetsmühlenartig wiederholten Platzzahlen hat für die SPD die Wirtschaftlichkeit der Marburger Altenhilfe mit ihren Einrichtungen, die Sicherheit der Arbeitsplätze und das Angebot einer qualitativ hochwertigen Altenhilfe und Altenpflege Vorrang.
Die SPD trägt ein Haus am Richtsberg mit 40 Plätzen selbstverständlich mit, wenn es sich wirtschaftlich betreiben lässt. So hat es auch die Marburger Altenhilfe beschlossen. Wer behauptet, allein und ausschließlich 40 Plätze seien für den Standort Sudetenstraße beschlossen worden und sich dabei auf strittige Protokollnotizen beruft, verlässt nach Auffassung der SPD die Basis der gemeinsam gefundenen Entscheidung.
Hinzu kommt seit Samstag (3. Oktober), dass die Grünen nunmehr offenbar versuchen, durch Kritik am Standort Cölbe das Gesamtprojekt zu Fall zu bringen. Damit wäre jedoch das Grab der Marburger Altenhilfe vorbereitet, meint die SPD.
In der Koalition war das Vorgehen eindeutig abgestimmt, wie mit dem Wunsch der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GeWoBau) nach einer Bürgschaft zur Absicherung des Bauvorhabens der Altenhilfe in Cölbe umgegangen werden soll. In der entscheidenden gemeinsamen Sitzung am Montag (14. September), nachdem die Fraktionen Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, gab es von grüner Seite keinen Widerspruch, der GeWoBau eine Bürgschaft zu gewähren. Wohl aber haben die Grünen keine 24 Stunden vor der entscheidenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Dienstag (22. September) mitgeteilt, dass sie auf Grund neu aufgetauchter Fragen einer Bürgschaft derzeit nicht zustimmen könnten. Das hätte das Ende des Projekts bedeutet , wenn nicht der Oberbürgermeister in letzter Minute eine Lösung gefunden hätte, mit der eine Verschiebung der Entscheidung möglich wurde.
Auch beim Thema Windkraft streiten sich die Koalitionspartner. Absprache war, dass die Visualisierung der 180 Meter hohen Windräder auf den Standorten der Lahnberge ein zentraler Baustein der gesamten Entscheidungsfindung sein wird. Auch wenn die Ausweisung von Vorrangebieten im Regionalplan keine definitive Entscheidung über die Errichtung der Windkraftanlagen ist, handelt es sich um einen wichtigen Zwischenschritt.
Im Verantwortungsbereich der Grünen wurde den Stadtverordneten, der Partei und der Öffentlichkeit die Visualisierung vorenthalten, die schon seit langem erstellt worden war. Das geschah offenbar so lange, um die Abstimmung über den Regionalplan nicht zu gefährden.
Jetzt versucht der grüne Bürgermeister, mit einer Informationsveranstaltung und einer Ausflugsfahrt ins Siegerland für die Parlamentarier, die Wogen zu glätten. So holt Dr. Franz Kahle das nach, was vor Wochen bereits hätte geschehen können.
Trotz fehlender Absprache gibt es schon heute die grüne Drohung, dass eine Nichtbewilligung von Planungsmitteln für eine Seilbahn auf die Lahnberge im Haushalt 2010 einen Koalitionsbruch bedeuten würde. Das geschah, noch bevor die Haushaltsverhandlungen im November 2009 begonnen haben.
Aus Sicht der SPD sind es die Grünen, die gefasste Beschlüsse in Frage stellen und Absprachen missachten. Deshalb müssten die Grünen die Frage einer Gefährdung der Koalition selbst beantworten.
Der Vorstand der Marburger SPD stützt das Vorgehen der Fraktion im Vorfeld der Stadtverordnetenversammlung vom Freitag (25. September), die Entscheidung über die Ausweisung von Windkraftgebieten im Regionalplan-Entwurf zunächst zu verschieben, weil Absprachen nicht eingehalten wurden. Dabei stellt die SPD klar, "dass wir uns eindeutig für den Einsatz von Windenergie als zentralem Bestandteil regenerativer Energien einsetzen". Genauso sei die Partei für dezentrale Energiegewinnung.
Deshalb unterstützt die SPD die Pläne der Stadtwerke Marburg (SWM), solche Anlagen in der Region zu errichten. Dafür plant die SPD eine neue Windpotenzial-Analyse. Weitreichende Entscheidungen könnten nicht auf einer zehn Jahre alten Datenbasis erhoben werden.
Aus diesem Grund hat die Marburger SPD beschlossen, dass nach geeigneten Flächen in der Region gesucht werden muss. Dieses Vorgehen will sie auch im Stadtparlament abstimmen lassen.
Die Marburger SPD verwahrt sich aufs deutlichste dagegen, ihr die Verantwortung für eine eventuelle Beschädigung des sozialdemokratischen Oberbürgermeisters zuzuschieben. Egon Vaupel habe unter hohem persönlichen Einsatz immer wieder versucht, die durch das Verhalten der Grünen entstehenden Verwerfungen zu glätten und auf neue Forderungen der Grünen neue Kompromisslinien zu finden, um die im Grundsatz gute Arbeit der Koalition, die sich nicht an den dargestellten Konfliktthemen erschöpft, nicht zu gefährden.
Die Grünen hätten dabei billigend in Kauf genommen, dass der Oberbürgermeister zu Handlungen veranlasst wurde, die dann nicht immer ausreichend mit eigenen Partei und Fraktion abgestimmt werden konnten und somit auch Anlass punktueller Kritik waren. Daraus jetzt öffentlich das Bild zu verbreiten, die SPD stelle das Wort und die Integrität ihres eigenen Oberbürgermeisters in Frage, ist für die SPD nicht hinnehmbar.
Darüber hinaus nehmen es die Grünen durch ihre Hinhaltetaktik im Bereich der Altenhilfe offenbar ebenso billigend in Kauf, dass die Dezernentin Dr. Kerstin Weinbach bloßgestellt wird. Eines ihrer Ziele war, auch in schwierigen Situationen möglichst alle Beteiligten einzubinden und für alle tragfähige, dauerhafte Lösungen zu finden.
"So sollte beispielsweise auch unser grüner Koalitionspartner anerkennen, dass rot-grün im Aufsichtsrat der Marburger Altenhilfe keine eigene Mehrheit hat", erklärte der Marburger SPD-Vorsitzende Steffen Rink. Weinbach habe durch ihren beharrlichen Einsatz, der zu unrecht kritisiert wurden sei, die Marburger Altenhilfe auf einen Weg gebracht, der eine gute und nachhaltige Zukunft dieser sozialpolitisch wichtigen städtischen Gesellschaft ermögliche. Dabei habe sie unter anderem auf dem aufgesetzt, was unter dem grünen Interimsgeschäftsführer Knoche vorbereitet wurde.
Im Zuge der nach Auffassung der SPD maßgeblich von den Grünen provozierten Konflikte in der rot-grünen Koalition ist in der SPD-Fraktion auch die Unzufriedenheit über die Arbeit des Fraktionsvorsitzenden gewachsen. Die Fraktion wird hierzu die Entscheidungen treffen, die sie für angemessen und richtig hält.
Der Vorstand der Marburger SPD hat auf seiner Sitzung am Donnerstag (1. Oktober) noch einmal den Landtagsabgeordneten Dr. Thomas Spies beauftragt, seine bereits laufenden Vermittlungsbemühungen fortzusetzen. Der Vorstand ist ihm außerordentlich dankbar, dass er seine Erfahrung und seinen im aktuellen Konflikt neutralen Status einsetzt. Umso mehr sei es bedauerlich, dass es bislang nicht gelungen ist, klärende Gespräche und die Anwesenheit bei wichtigen Sitzungen zu verabreden.
Die rot-grüne Koalition habe die Universitätsstadt Marburg zu einer wirtschaftlich leistungsfähigen, liebens- und lebenswerten Stadt mit einer herausragenden kulturellen und sozialen Infrastruktur entwickelt. Die SPD steht dafür, diesen erfolgreichen Weg auch in Zukunft fortzusetzen.
pm: SPD-Stadtverband Marburg
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