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Originelle Poesie


Erfrischender Poetry Slam im KFZ

05.03.2008 (alx)
Der 15. Marburger "Poetry Slam" fand am Dienstag (4. März) im Kulturladen KFZ statt. Dreizehn Poeten aus ganz Deutschland traten dabei in einem atemberaubenden Wettstreit gegeneinander an.
Moderiert wurde der Abend von den Initiatoren Lars Ruppel und Bo Wimmer.
Die Regeln bei einem "Poetry Slam" sind einfach. Ohne Hilfsmittel müssen die Teilnehmer ihre selbstverfassten Texte einem kritiklüsternen Publikum vortragen. Jeder hat fünf Minuten Zeit die Zuschauer zu überzeugen. Bei Zeitüberschreitung droht Punktabzug. Um es gleich vorweg zu nehmen: Punktabzug gab es am Dienstagabend im KFZ keinen.
Jeweils fünf Teilnehmer traten in drei Runden gegeneinander an. Die Besten jeder Runde wetteiferten dann um den ersten Rang.
Bewertet wurden die Vortragenden von einer fünfköpfigen Jury aus dem Publikum. Sie vergab Punkte zwischen null und zehn.
Aber auch die übrigen Zuschauer wurden aufgefordert, ihren Unmut und ihre Begeisterung lautstark kundzutun. In der Finalrunde entschied schließlich der Applaus des gesamten Publikums.
Regel Nummer 1 jedoch war: Es soll Spaß machen. So sollte die Bewertung des "Slammers" durch das Publikum einerseits die Begeisterung und Teilnahme der Zuschauer anspornen, andererseits dem Vortragenden unmittelbare Kritik liefern.
Sieger am Dienstagabend wurde Tobias Kunze aus Hannover. Gleich in der ersten Runde entführte er das - hauptsächlich studentische - Publikum mit seinem Text "WG-Leben und andere Eskalationen" in seine Küche.
Schnell wurde klar, dass diese Küche ein Mysterium für ihn darstellt. Er öffnete die Tür, als habe er niemals vorher eine Küche betreten. Der Kühlschrank war ihm nicht geheuer, und das zurecht. An der hinteren Kühlschrank-Wand lebte ein pelziges Tier mit gelben Augen.
Aber damit nicht genug: Es beförderte auch zahlreiche andere Lebewesen ans Tageslicht. Ameisen krabbelten über die Decke und Maden setzten sich auf seinen Kopf. Die Küche wurde zu einem Dschungel.
Berauscht durch die unterschiedlichen Gerüche und Eindrücke, trat Kunze langsam in eine andere Welt ein. Seine Küchen-Phantasie zwischen Alptraum und Rausch-Erfahrung überzeugte sowohl die Jury als auch die Zuschauer.
In der Finalrunde offenbarte er dem Publikum mit seinem Text "Wenn Speisen kreisen - oder wie ich mal im Reich der Mitte war" eine Vorstellung davon, wo sich das Steuerrad der Welt befindet. Er selbst habe es gefunden in einem asiatischen Restaurant.
Auf dem Tisch befinde sich eine zweite drehbare Platte. Als er anfing, daran zu drehen, habe er festgestellt, dass er damit die Zeit zurück drehen konnte.
"Ich scratche die Welt", freute sich Kunze. Eindrucksvoll ließ er das gebannte Publikum an seinen Erfahrungen "Im Reich der Mitte" teilhaben. Zur Belohnung durfte er dann sein Sieges-Zepter aus Edel-Salami nach Hause tragen.
Aber auch die anderen Teilnehmer gaben ihr Bestes. Während der vier Stunden des "Poetry Slam" durften die Zuschauer gemeinsam mit den Poeten an Theken sitzen, in fremde Schlafzimmer lunsen, aus Fenstern fallen, an der Welt zweifeln und Gedanken lesen.
Die Bonnerin Nadja Schlueter ist amtierende deutsche Meisterin der U20-Klasse. Im KFZ überzeugte die Teenagerin durch erfrischende Offenheit.
In ihrem Text "Bewerbung" machte sie gleich am Anfang klar, dass sie nur ungerne arbeitet und eine eher komplizierte Natur ist. Es gehe ihr nur um das Geld. Aufgehen werde sie bestimmt nicht in dem, was der Betrieb ihr bieten kann. Interessiert sei sie sowieso an gar nichts.
Abschließend schrieb sie: "Mit Grüßen ihrer Wahl. Mir sind sie egal".
Damit sprach sie Absolventen und Bewerbungsschreibern aus der Seele.
Schlueter machte am Dienstag den zweiten Platz und durfte sich an einem Glas Gurken erfreuen.
Den dritten Platz belegte Tilman Döring aus Hannover. "Lieber schnurlos verbunden, als spurlos verschwunden", slamte er in das Mikrofon.
Der große Andrang an diesem Abend war vollauf gerechtfertigt. Das Publikum erlebte einen Abend voller erfrischender Kurzvorträge.
Alexandra Appel
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