20.07.2009 (ms)
Das Projekt "Kohlendioxid-neutrale
Philipps-Universität“ startet die Marburger Universität zum Wintersemester 2009/2010. Als konkretes Zwischenziel strebt sie an, ihren Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 zu halbieren. Im Jahr 2008 belief er sich noch auf rund 37.500 Tonnen Kohlendioxid im Gebäudebereich.
"Wir haben jetzt die Chance, mit der anstehenden Sanierung unserer Gebäude beziehungsweise der Neubauten dem Ziel einer Kohlendioxid-neutralen Universität näher zu kommen“, sagte Universitätspräsident Prof. Dr. Volker Nienhaus am Montag (20. Juli).
"Das ehrgeizige Ziel soll umgesetzt werden einerseits durch die Einsparung von Energie und andererseits durch den Einsatz regenerativer Energie“, sagte Universitätskanzler Dr. Friedhelm Nonne. Bereits jetzt sei der reguläre Stromvertrag gekündigt, so dass die Philipps-Universität ab 2010 Öko-Strom beziehen kann.
Derzeit bezahlt sie jährlich 6,5 Millionen Euro für Strom und 8,5 Millionen Euro für Heizung. "Hier gibt es ein erhebliches Einsparpotenzial", vermutete der Humanmediziner Prof. Dr. Siegfried Bien, der vom Präsidium für drei Jahre zum Beauftragten für Kohlendioxid-Reduktion ernannt worden ist.
Bien gehört gemeinsam mit dem Kanzler und Dr. Eckhard Diehl als Leiter des Dezernats Gebäudemanagement und Technik einer Steuerungsgruppe für das Projekt an. Gemeinsam wurden bislang sieben Arbeitsfelder ins Auge gefasst.
Eine möglichst umfassende und kontinuierliche Erfassung des Kohlendioxid-Ausstoßes der Universität sowie die ständige Verbesserung dieser Analysen ist Grundvoraussetzung für die Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen. Die regelmäßige Veröffentlichung der Ergebnisse sowie weitere öffentlichkeitswirksame Maßnahmen, durch die die Aufmerksamkeit von Beschäftigten, Studierenden, Geschäftspartnern und Förderern der Universität auf universitäre Kohlendioxid-Emissionen und Möglichkeiten zur Annäherung an das Ziel einer Kohlendioxid-neutralen Universität gelenkt werden, sind ein essentieller Bestandteil des Gesamtprojekts.
Im Rahmen des Hochschul-Bauprogramms HEUREKA des Landes
Hessen, des Sonderinvestitionsprogramms "Schulen und Hochschulen" des Landes und des Konjunkturprogramms II des Bundes werden in den nächsten beiden Jahrzehnten die meisten Gebäude grundlegend saniert oder neu errichtet, in denen die Universität untergebracht ist. Eine besondere Herausforderung - aber auch eine besondere Chance - entsteht durch den Umstand, dass viele universitäre Gebäude dem Denkmalschutz unterliegen. Gemeinsam mit dem Land Hessen wird die Universität darauf hinwirken, dass im Rahmen einer integralen Planung eine deutliche Verringerung des Energieverbrauchs und der Kohlendioxid-Emissionen zusammen mit einer nachhaltigen Stadt- und Quartiersentwicklung, einer den Lebens- und Arbeitsbedürfnissen der Nutzer angepassten baulichen Struktur und niedrigen Kosten der Betriebsführung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes angestrebt werden.
Die derzeit geltenden Energieverbrauchsstandards sollen um mindestens 25 Prozent unterschritten werden. Auch die Baumaßnahmen im Rahmen der laufenden Bau-Unterhaltung sollen mit diesen Zielsetzungen geplant und durchgeführt werden.
Als ein erstes wichtiges Projekt in diesem Arbeitsfeld wird die Sanierung des Zentralen Hörsaalgebäudes im Lahntal durch die
Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken (RWE) im Rahmen ihres Energie-Eeffizienzprogramms als Modelprojekt unterstützt. Partner der Philipps-Universität sind hier die RWE-Tochtergesellschaft "
Koblenzer Elektrizitätswerk und Verkehrs-AG" (KEVAG) und die
Stadtwerke Marburg (SWM), die derzeit die Universität bei der Planung der Sanierung des Hörsaalgebäudes mit dem Ziel einer energetischen Optimierung beraten. Die Sanierungsmaßnahme wird dann mit Finanzmitteln des Konjunkturprogramms II des Bundes umgesetzt.
Insbesondere in den Natur- und Lebenswissenschaften werden an der Universität zahlreiche Geräte in Lehre und Forschung eingesetzt. Bei der Beschaffung solcher Geräte ist dem Energieverbrauch und den Kohlendioxid-Emissionen in der Vergangenheit häufig kaum Beachtung geschenkt worden. Künftig soll dieser Aspekt systematisch in Beschaffungsprozessen berücksichtigt werden. Dies Anforderung stellt im Hochschulbereich eine besondere Herausforderung dar, weil häufig Spezialgeräte benötigt werden, für die es nur wenige Anbieter gibt.
Die Kohlendioxid-bewusste Beschaffung soll selbstverständlich für alle Bereiche in der Universität zur Anwendung kommen. Sie betrifft also auch den Fuhrpark, die Arbeitsplatz-Rechner und die Kopierer.
Nicht nur die Technik, sondern auch das Nutzverhalten hat erhebliche Auswirkungen auf den Energieverbrauch. "Für den Hochschulbereich gibt es eine Schätzung, nach der durch Änderungen des Nutzerverhaltens Energie-Einsparmöglichkeiten von mehr als 10 Prozent realisiert werden können“, sagte Nonne.
Durch gezielte Kampagnen sollen die universitären Nutzer - insbesondere Studierende und Beschäftigte - für Fragen der Kohlendioxid-Emission sensibilisiert und aufgeklärt werden über Möglichkeiten, durch Verhaltensänderungen den Kohlendioxid-Ausstoß zu verringern. Dabei soll die Zusammenarbeit mit studentischen Initiativen gesucht werden.
Da die Nutzer oftmals aufgrund ihrer Kenntnisse vor Ort wichtige Hinweise und Vorschläge für Energie-Einsparmöglichkeiten in den jeweiligen Gebäuden geben können, sollen Kommunikationsstrukturen und –netzwerke aufgebaut werden, um dieses lokale Wissen für das Gesamtprojekt Kohlendioxid-neutrale Philipps-Universität wirksam werden zu lassen. Dazu könnte auch ein Netzwerk von Energiebeauftragten beitragen. Darüber hinaus sollen Modelle für finanzielle Anreize zur Energie-Einsparung entwickelt und erprobt werden.
Die Philipps-Universität betreibt ein Heizwerk auf den Lahnbergen, mit dem universitäre und nichtuniversitäre Gebäude mit Fernwärme versorgt werden. Dieses Heizwerk soll – in Zusammenarbeit mit einem Partner - energietechnisch grundlegend modernisiert werden. So soll sein Kohlendioxid-Ausstoß deutlich verringert werden.
Durch weitere Initiativen soll darauf hingewirkt werden, dass auch die Wärmeversorgung anderer universitärer Gebäude mit dem Ziel einer Verringerung von Kohlendioxid-Emissionen technisch optimiert oder verändert wird. Bei der Stromversorgung soll künftig – soweit die Universität über den Strombezug selbstständig entscheiden kann – Öko-Strom beschafft werden. Die Philipps-Universität wird sich zudem an Initiativen zur Errichtung von Fotovoltaik-Anlagen in Marburg beteiligen und für diese Zwecke Dächer von universitären Liegenschaften zur Verfügung stellen.
Als ein Weg im Kontext der übergreifenden Zielsetzung der Reduktion von Kohlendioxid-Emissionen soll gezielt nach systemischen Konzepten im universitären Kontext gesucht werden. So könnte geprüft werden, ob Dienstreisen verstärkt durch Video-Konferenzen ersetzt werden können oder ob durch eine Optimierung der Lehrveranstaltungsplanung die Notwendigkeit von Transfers zwischen den beiden Hochschulstandorten Lahntal und Lahnberge für die Studierenden verringert werden kann.
Die Philipps-Universität wird den Austausch mit anderen einschlägig engagierten Hochschulen suchen, um Erfahrungen auszutauschen und weitere Anregungen für neue Ansätze zur Kohlendioxid-Reduktion im Hochschulbereich zu sammeln. Aus diesem Grund wird sich die Universität als Praxispartner an dem vom Bundsministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBW) geförderten Projekt "Veränderung nachhaltigkeitsrelevanter Routinen in Organisationen zur Förderung eines energie-effizienten Nutzerverhaltens" beteiligen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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