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Chinesischer Cocktail


Marco-Polo-Show verzauberte

06.01.2008 (jnl)
Eine charmante, poetische Interpretation der Reise Marco Polos nach China bot der Chinesische Nationalcircus am Samstag (5. Januar) in der Stadthalle. Rund 250 Menschen aus allen Altersgruppen fühlten sich bestens unterhalten. Das drückte sich in häufigem spontanem Applaus aus. In lockerer Folge wechselten harlekineske zu tänzerischen bis hin zu atemberaubend akrobatischen Kunststücken.

Zusammengehalten wurde die Show von einer erzählten Rahmenhandlung, die aus dem berühmten Reisebuch des 13. Jahrhunderts zitierte. Eine ausgetüftelte Ton- und Lichtregie zauberte dazu eine atmosphärisch dichte Zirkus-Traumstimmung. Ein Live-Musiker mit traditioneller Kniegeige vertrieb das Odium des Artifiziellen daraus.

Einfallsreich hatte der Regisseur Raoul Schoregge einen bekömmlichen Cocktail aus akrobatischen Nummern zum Staunen und lustigen Clownerie-Szenen zum Entspannen und Lachen entworfen. Gemeinsam mit einem Harlekin im traditionell bunten Rautengewand verkörperte er selbst die amourösen und strapaziösen Erlebnisse des italienischen Weltreisenden Marco Polo. Statt eines herkömmlichen Zeltzirkus, den es in China so gar nicht gibt, wurde daraus eine Show in der Manier André Hellers.

Schon mit einfachen Mitteln verstanden die Artisten die Zuschauer zu becircen. Wenn ein neunköpfiger Trupp in ausgepicht farbigen Kostümen mit dreifachen Saltos durch die Luft wirbelt, dann ist das schon ein Hingucker. Wenn zudem die luftigen Twoloops emporgeschleudert und aufgefangen werden von je einer Art Räuberleiter, dann beeindruckt das sogar noch mehr. Und als letzte Steigerung wurde die gleiche Übung dann sogar vorgeführt in Etagen aus zwei Artisten übereinander.

Am nachdrücklichsten beeindruckten allerdings die Kabinettstücke, die die Frauen und Mädchen dieser Artistentruppe gezeigt haben. Zwei sehr junge Mädchen erwiesen sich als wahre "Schlangenmenschen". So unglaublich gelenkig verbogen sie ihre Gliedmaßen zu Figuren, dass den Zuschauern der Atem stockte.

Eine Jonglage ausschließlich mit den Füßen steigerte sich von einem 30-Liter-Kübel bis hin zu einem quadratmetergroßen Tisch, der in der Luft zum Rotieren gebracht wurde.

Varieté in höchster Vollendung zeigten auch jene Künstlerinnen, die im Spitzentanzschuh auf der Schulter ihres Partners stehend eine Schale mit dem anderen Fuß balancierten. Aus dieser Ausgangslage schafften sie es, einen Salto zu springen, ohne die Schale vom Fuß zu verlieren.

Und wie man aus liegender Haltung am Boden mit einem Schwung in den einarmigen Handstand kommt, das kann sich ein Normalsterblicher kaum vorstellen.

Gut zupass kam es dabei, dass mit dem pittoresken Löwenballett und weiteren Harlekinaden sehr entspannende Showteile eingeflochten waren. Ein schöner Einfall war auch, dass bei Marco Polo auf Chinesisch mal nicht wie üblich die Frauen sondern die Männer für die tänzerischen und lustigen Einlagen zuständig waren.

Dem Chinesischen Nationalcircus ist es mit dieser überzeugenden Show einmal mehr gelungen, bei den Zuschauern Lust auf mehr davon zu erzeugen. Auf die nächste Produktion darf man gespannt sein.
Jürgen Neitzel
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